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Woerterbuecher

© dpa

Fremdsprachen lernen: Zur Sprache gebracht

Nützliches Wissen für Arbeit und Urlaub: Wer geschickt verhandelt, bekommt die Kosten vom Arbeitgeber bezahlt.

Im Urlaub machen sich Touristen beliebt, wenn sie zumindest ein paar Brocken in der Landessprache sprechen können. Manche Urlauber packt vielleicht sogar der Ehrgeiz, mehr zu lernen, als auf Spanisch fehlerfrei ein Bier zu bestellen. „Nach den großen Ferien bekommen wir die meisten Anmeldungen“, sagt der stellvertretende Direktor der Sprachschule Berlitz in Charlottenburg, Peter Markgraf. Am stärksten nachgefragt seien Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch. „Auch Sprachen wie Dänisch, Niederländisch oder Türkisch sind im Kommen – sie werden allerdings meist aus beruflichen Gründen gelernt.“

Wer sich für eine Sprache interessiert, die er auch im Arbeitsalltag einsetzen kann, hat gute Chancen, für die Lehrgangskosten einen Zuschuss zu bekommen – entweder vom Arbeitgeber, der Arbeitsagentur oder dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Mindestens aber kann er, wenn er den Kurs aus eigener Tasche zahlt, die Kosten von der Steuer absetzen. In allen Fällen muss er aber nachweisen, dass er den Lehrgang für den Beruf braucht.

Dass der Arbeitgeber einem einzelnen Mitarbeiter auf dessen Wunsch hin einen Sprachkurs zahlt, kommt nach Markgrafs Einschätzung eher selten vor. „Am besten wirkt man darauf hin, dass eine ganze Abteilung oder Mitarbeiter, die mit einer bestimmten neuen Anforderung konfrontiert sind, in der Gruppe unterrichtet werden.“ Als Beispiel nennt er Personalverantwortliche, die Einstellungsgespräche auf Englisch führen wollen, oder Sekretärinnen, die schnell und präzise am Telefon antworten müssen. Vor allem Hotels und Immobilienfirmen sind gute Kunden bei großen Sprachschulen wie Berlitz.

„Ein bisschen Englisch können ja die meisten“, sagt Wolfgang Bilger. Er leitet die Abteilung Mitarbeiterentwicklung beim schwedischen Konzern Vattenfall am Standort Berlin. „Aber wenn es darum geht, zu verhandeln oder etwas zu schreiben – da tun sich viele schwer. Die Kollegen aus Schweden haben uns da ein bisschen was voraus.“ Ein knappes Viertel aller Mitarbeiter von Vattenfall besucht derzeit einen Sprachkurs oder hat kürzlich einen absolviert, schätzt Bilger – und zwar auf Kosten des Unternehmens, während der Arbeitszeit. Mit Großzügigkeit hat das wenig zu tun: Bei Vattenfall ist die Betriebssprache Englisch.

Markgraf und Bilger wissen, wie man Arbeitgeber gut überzeugen kann. „Wenn ich sage, ich fühle mich am Telefon unsicher, weil die Kontakte in der Firma internationaler geworden sind, ist das schon ein gutes Argument“, sagt Markgraf. Am besten rechne man dem Chef vor, wie oft und zu welchen Gelegenheiten man Englisch oder Spanisch sprechen müsse. Bilger rät, dem Chef anstehende Projekte vor Augen zu führen. „Man sollte Initiative zeigen und dem Vorgesetzten schildern, wie man den eigenen Verantwortungsbereich mit besseren Fremdsprachenkenntnissen ausbauen kann.“ Lehne er es ab, den Kurs zu finanzieren, so sei er vielleicht bereit, den Mitarbeiter für die Zeit oder wenigstens für Prüfungen freizustellen.

Markgraf hebt noch einen weiteren Vorteil von Sprachkursen vor, vorausgesetzt, sie finden betriebsintern statt: „Da treffen Leute aus den unterschiedlichsten Abteilungen aufeinander und entwickeln ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Wer ‚nur'' Spezialist in seinem Fachgebiet war, bekommt nun einen besseren Einblick in den Gesamtaufbau der Firma.“ Und nicht zuletzt steigere es den Marktwert eines Unternehmens erheblich, wenn sich herumspreche, dass die Mitarbeiter dort fit in Englisch seien, fügt Markgraf hinzu.

Neben den großen Sprachschulen schneidern auch die Volkshochschulen Angebote auf Betriebe zu. Klaus-Dieter Nieman von der VHS Friedrichshain-Kreuzberg beobachtet allerdings, dass Arbeitgeber heute seltener Sprachkurse zahlen als noch vor ein paar Jahren. „Sie erwarten zwar Fremdsprachenkenntnisse, gleichzeitig kümmern sie sich aber kaum um die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter.“ Sie stellen überhaupt nur ein, wer die erforderliche Sprache ohnehin schon spricht, glaubt Nieman. „In Krisenzeiten übernehmen immer weniger Arbeitgeber freiwillig die Kosten.“

Wenn ein Unternehmen in wirtschaftlichen Nöten ist und der Arbeitgeber deshalb eine Weiterbildung auf Kosten der Firma ablehnt, kann man ihn aber auf eine neue Initiative der Arbeitsagentur hinweisen. „Qualifizieren statt entlassen“ heißt das Programm, das in Zusammenhang mit Kurzarbeit steht. Bis zu 80 Prozent der Lehrgangskosten gibt die Arbeitsagentur dem Unternehmen dazu, wenn der Chef seine Kurzarbeiter in Zeiten wirtschaftlicher Flaute zum Sprachkurs schickt. Für gering qualifizierte und ältere Arbeitnehmer gibt es außerdem eine Fördermöglichkeit über das so genannte WeGebAU-Programm. Hier zahlt die Arbeitsagentur den Sprachkurs komplett – vorausgesetzt natürlich, er ist für den Beruf überhaupt sinnvoll. Die Arbeitsagentur entscheidet, ob der Beschäftigte einen Bildungsscheck bekommt, mit dem er den Sprachkurs dann finanzieren kann.

Seit 2008 gibt es außerdem die „Bildungsprämie“ für Berufstätige, die höchstens 20 000 Euro im Jahr verdienen. Auch Selbständige können für einen Sprachkurs einen Zuschuss von immerhin 154 Euro bekommen, bezahlt vom Bundesbildungsministerium.

Anne Meyer

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