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Jobs: Ab ins All

Die Europäische Weltraumagentur sucht dringend neue Mitarbeiter – und Deutsche sind höchst willkommen. Die Vorbereitungen für die nächste Mondlandung und eine Mission zum Mars laufen.

Zum 40. Jahrestag der ersten bemannten Mondlandung war sie wieder häufig zu sehen: die US-Flagge, die Kommandant Neil Armstrong und sein Pilot Edwin Aldrin 1969 in den Boden gerammt und befestigt hatten. Eine dunkelblaue Flagge mit den gelben Sternen Europas gibt es bisher nicht auf dem Mond. Doch das könnte sich bald ändern. Den Plänen der European Space Agency (ESA) zufolge sollen bei der nächsten Mond-Mission der amerikanischen Nasa im Jahr 2020 auch europäische Astronauten mitfliegen. Wenn alles glatt läuft, ist dann auch Alexander Gerst, 33, mit an Bord. Noch einmal 20 Jahre später, im Jahr 2040 könnte der Deutsche aus dem baden-württembergischen Künzelsau dann selbst zur Legende werden – bei der ersten bemannten Mars-Mission der ESA.

Der Geophysiker Gerst hat so etwas wie den Hauptgewinn unter den ESA-Jobs gezogen. Die Voraussetzungen des Vulkanologen, der in Hamburg und im neuseeländischen Wellington studierte, sind gut. Zahlreiche Expeditionen, etwa zu Vulkanen in der Antarktis, haben ihn bereits auf zukünftige Extremsituationen vorbereitet.

Gemeinsam mit fünf weiteren Auserwählten zählt Gerst zur nächsten Generation der ESA-Astronauten. „Gegen Ende 2013 werden die neuen Astronauten soweit trainiert sein, dass sie zu ihrer ersten Weltraum-Mission starten können“, sagt Hans Bolender. Bei ihm absolviert das Sextett sein Basistraining. Bolender ist „Head of Astronaut Training Division“ am Europäischen Raumfahrtzentrum der ESA in Köln-Porz.

Zwar hat die ESA mit Gerst und den anderen fünf ihre künftige Raumschiffbesatzung zusammen, ihr Personalbedarf ist aber nicht gedeckt. Die Organisation schreibt jedes Jahr gut 200 hochkarätige Stellen aus. Rund 1900 „ESAisten“ am Boden entwickeln die gesamte Konzeption des europäischen Weltraumprogramms. Und das mit einem hehren Anspruch: Die Missionen und Erkundungen sollen der ganzen Menschheit dienen.

Die Mehrheit der Mitarbeiter forscht und experimentiert als Raumfahrtingenieur, als Spezialist für Flugdynamik oder als Erdbeobachtungsexperte. Ihre Arbeitssprache ist Englisch. ESA-Jobs sind gleichermaßen begehrt wie anspruchsvoll: Startet zum Beispiel eine Ariane-5-Trägerrakete mit einem Telekomsatelliten an Bord vom ESA-Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus ins All, gehen dem jahrelange Berechnungen, Simulationen und Testreihen voraus.

Aber nicht nur Telekommunikations- und Erdbeobachtungsmissionen sind die Regel, auch wissenschaftliche Satelliten zur Erforschung der Schwerelosigkeit oder des Wetters werden hochgeschossen. An Bord der ISS wird zudem viel experimentiert: in Materialwissenschaften, Plasmaphysik, Raumfahrtmedizin und Gravitationsbiologie. „Wir haben vor allem Jobs in der Wissenschaft und Hochtechnologie zu vergeben“, sagt ESA-Personalchef Frank Danesy. 70 Prozent der Mitarbeiter arbeiten an technischen Fragen, das Gros bilden Elektrotechniker, Informatiker, Maschinenbauer, Luft- und Raumfahrttechniker sowie Physiker. In den nichttechnischen Abteilungen sind Juristen, Betriebs- und Volkswirte tätig.

Die ESA ist komplett eigenständig und unabhängig – ihr Status als internationale Organisation führt allerdings dazu, dass die Angestelltengehälter nicht am jeweiligen lokalen Steuersystem hängen. So starten Ingenieure mit drei bis fünf Jahren Berufserfahrung auf dem Level A2 („Experienced Professional“) mit rund 4 500 Euro netto, Young Graduate Trainees bei 2 300 Euro netto plus Zulagen, etwa für Auslandseinsätze.

Wer einsteigt, mischt an einem der ESA-Standorte in Paris (Hauptquartier), Köln, Darmstadt, Noordwijk in den Niederlanden oder Frascati in Italien mit. Jeder Standort ist spezialisiert. Darmstadt etwa ist die Heimat des European Space Operations Center (ESOC), das den Betrieb aller ESA-Satelliten im Weltraum koordiniert. In Frascati ist ein Forschungsschwerpunkt der Klimawandel. Die Fluktuation des ESA-Personals sei gering, der Teamgeist sei sehr ausgeprägt. „Die Leute sind hier, um zusammen etwas Größeres zu schaffen, als sie es allein jemals könnten“, sagt Personaler Frank Danesy.

Finanziert wird die Organisation von 18 Mitgliedstaaten. Wie viel ein Land in die ESA investieren muss, richtet sich nach dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt. Deutschland zahlt am meisten. Im vergangenen Jahr waren es rund 603 Millionen Euro. Aus diesem Budget finanziert die ESA Industrieaufträge für nationale Raumfahrtprogramme, die in der Höhe etwa den Beitragsgeldern des jeweiligen Landes entsprechen. „Rund zehn Prozent eines Landesbudgets benötigt die ESA für das Management ihrer Programme, der Rest fließt an die Nationen zurück für die Durchführung von Weltraumprojekten“, erklärt Hans Bolender.

Enge Beziehungen unterhält die ESA auch zu internationalen Partnern. So kooperieren seit vielen Jahren etwa ESA und Nasa eng. Auch mit der russischen Roskosmos gibt es seit dem Fall des Eisernen Vorhangs mehr Austausch, etwa bei der Ausbildung von Astronauten.

Alexander Gerst muss sich dafür nicht mehr bewerben. Er will seine Promotion in Vulkanologie jetzt vollenden und dann ins ESA-Trainingslager ziehen. Dort werden seine Gedanken mehr und mehr um die ISS kreisen. Sehen kann er sie schon jetzt, bei klarer Sicht lässt sich die Raumstation von der Erde aus in der Morgen- und Abenddämmerung verfolgen: ein zügig vorbeiziehender heller Punkt in der Ferne – heller noch als der hellste Stern.

Den vollständigen Artikel finden Sie in der Septemberausgabe von „Junge Karriere“

Judith Schallenberg

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