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Jobwechsel: Zeit, zu gehen

Wer Karriere machen will, sollte nicht zu lange im selben Job bleiben. Was Experten empfehlen.

Früher war es eine Selbstverständlichkeit: Einmal bei Siemens, immer bei Siemens. Doch diese Zeiten sind vorbei. Der informelle Pakt zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern, sich ein Arbeiterleben lang die Treue zu halten – was Arbeitsmarktwissenschaftler gerne als „life long employment“ bezeichnen – ist in Zeiten der Globalisierung längst gekündigt. Stattdessen heißt es heute: Wer Karriere machen will, der sollte seinen Brötchengeber wechseln – und dies nicht nur einmal. Allerdings tun sich Deutschlands Beschäftigte noch schwer mit der von der Wirtschaft geforderten Flexibilität.

„Hierzulande wird im Vergleich zu anderen Industrienationen wie Großbritannien oder Frankreich zu selten der Arbeitsplatz gewechselt oder der berufliche Wechsel ins Ausland gewagt“, sagt Henning Hoffmann, Direktor der Berliner Dependance der weltweit agierenden Personalberatung Michael Page International. Dabei wirke sich ein Arbeitsplatzwechsel alle drei bis vier Jahre positiv auf die weitere Karriere aus: „Durch die unterschiedlichen Anforderungen und Eindrücke kann sich der Arbeitnehmer schneller weiterentwickeln und wertvolle Erfahrungen sammeln“, sagt Hoffmann.

Einer, der den Absprung von einem zum anderen Unternehmen gerade hinter sich hat, ist Max Harden*. Der 28-Jährige, der an der Universität der Künste Berlin Kommunikationswissenschaften und an der Technischen Universität Berlin Geschichte studiert hat, kündigte Ende des vergangenen Jahres seinen Job in der Pressestelle eines privaten Bildungsträgers in Berlin. Dafür gab er etwas auf, worum ihn wahrscheinlich viele aus der Branche beneideten: Eine unbefristete Anstellung und ein gutes Gehalt. Dennoch fühlte der Kommunikationswirt, es sei nach mehr als eineinhalb Jahren Zeit für eine berufliche Veränderung. „Ich sah für mich zu wenige Entwicklungsmöglichkeiten.“

Vor allem für junge aufstrebende Arbeitskräfte gilt eine derartige Luftveränderung nahezu als Pflicht: „Beschäftigte, die zwischen 20 und 30 Jahre alt sind, sollten maximal drei Jahre beim selben Arbeitgeber sein“, empfiehlt etwa der Berliner Karriereberater Jürgen Hesse. Sein Argument: „Personaler in Firmen suchen Arbeitskräfte, die schon bei anderen Firmen, zum Teil sogar auch in anderen Branchen, Erfolg hatten“. Wer als Betriebswirtschaftler oder Ingenieur bei verschiedenen Arbeitgebern erfolgreich seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt habe, könne genauso gut die Probleme eines neuen Unternehmens lösen.

Man kann Karrierewillige nur ermutigen, den Arbeitgeber oder auch die Stelle im eigenen Unternehmen, häufiger von sich aus zu wechseln – auch wenn man mit den persönlichen Arbeitsbedingungen zufrieden ist, rät ebenso Martin Schmauder, Professor für Arbeitswissenschaften an der Technischen Universität Dresden. „Ein Jobwechsel ist wie zu Hause die Gardinen austauschen. Man stellt sich mal wieder auf etwas Neues ein.“ So bleibe die eigene Beweglichkeit und damit eine gewisse geistige Flexibilität erhalten. Der Nutzen für den Job sei unabhängig von Branche oder Hierarchieebene. Auch die Unternehmen erhofften sich durch Personalwechsel frischen Wind und mehr Dynamik fürs eigene Haus. Allerdings sollte im Lebenslauf eines Bewerbers für Personaler nicht der Eindruck haften bleiben, dass man vor eigenen Fehlern davonlaufe. Mit ungefähr 45 Jahren, so Schmauder, solle man dann die Stelle gefunden haben, auf der er man es sich vorstellen könne, alt zu werden.

Zwar sind gerade für Hochschulabsolventen Berufserfahrungen in verschiedenen Unternehmen wertvoll. Übertreiben sollte man es aber nicht mit der Jobhopperei, sagt auch Barbara Grimm, Leiterin der Personalentwicklung bei der Deutschen Bahn AG. „Zu häufige Wechsel können in einer späteren Berufsphase auch negativ sein.“ Vor allem in verantwortungsvollen Positionen sei es ratsam, drei bis fünf Jahre zu arbeiten. Nur so könne man sich an seinen Ergebnissen messen lassen.

Großkonzerne, wie etwa die Deutsche Bahn, versuchen herausragenden Mitarbeitern eine Karriere im eigenen Unternehmen so reizvoll wie möglich zu machen. Zum Beispiel, in dem sie ausgewählten Mitarbeitern den Einsatz in verschiedenen Geschäftsfeldern des Unternehmens ermöglichen. „Dadurch sammeln die Mitarbeiter Erfahrungen, die mit einem Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber durchaus vergleichbar sind“, sagt Grimm. Die Bayer Schering Pharma AG in Berlin wiederum bietet Berufseinsteigern spezielle Traineeprogramme und die Mitarbeit an bereichsübergreifenden Projekten an.

Bevor man sich endgültig für einen Wechsel entscheidet, sollte man alle Möglichkeiten, sich im eigenen Unternehmen weiterzuentwickeln, ausloten, rät Karriereberater Gerhard Winkler. Man sollte sich ein Zwischenzeugnis ausstellen lassen, Bilanz ziehen und das Unternehmen darauf aufmerksam machen, dass man ein wichtiger Mitarbeiter ist, sagt Winkler. Keinem Kollegen, auch keinem befreundeten, sollte man von Wechselabsichten berichten, so der Experte. Außerdem gilt: Wer kündigen will, macht das am besten aus einer sicheren Stelle heraus. Aufgesetzt werden sollte die Kündigung erst dann, wenn man einen festen Vertrag in der Tasche hat. Genauso wichtig sei es, keine „verbrannte Erde“ zu hinterlassen und mit Ärger aus der Firma zu verschwinden. „Man sieht sich im Leben immer zweimal“. Ehemalige Vorgesetzte könnten immer auch Referenzgeber sein. Wer bereits seit Jahren in seinem Job ist, dem empfiehlt Winkler, sich mit aktuellen Bewerbungsstandards vertraut zu machen. „Die alte Bewerbung aus der Schublade zu ziehen reicht nicht aus.“

Der Jobwechsel von Max Harden indes hat sich etwas schleppend angelassen. Der Kommunikationswirt akzeptierte sogar eine vierwöchige Hospitanz beim neuen Arbeitgeber als Voraussetzung für einen neuen Job. Und er hat seine Kündigung nicht bereut. „Bei meinem jetzigen Arbeitgeber habe ich deutlich mehr Freiräume, meine Interessen und Ideen zu verwirklichen. Außerdem ist das Arbeitsklima hier wesentlich besser“, sagt er. Für das neue Unternehmen soll der Kommunikationswirt vor allem die Öffentlichkeitsarbeit verbessern. Was er bisher geleistet hat, machte auf seinen jetzigen Chef offenbar einen guten Eindruck: Ihm wurde bereits nach wenigen Wochen eine feste Übernahme in Aussicht gestellt. *Name von der Redaktion geändert

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