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Karrierefrage: Den Chef für sich gewinnen

Wie gewinnt man den Chef für sich? Jürgen Hesse vom Büro für Berufsstrategie antwortet.

Ich arbeitete in einem Unternehmen mit 25 Mitarbeitern. Wir sind von der Krise nicht dramatisch betroffen. Das Betriebsklima ist weitgehend in Ordnung. Nur habe ich das Gefühl, dass mein Chef mich nicht besonders leiden kann. Zu Kollegen ist er netter und hat meist ein freundliches Wort. Zu mir ist er eher schroff, häufig kritisiert er mich. Wie soll ich mich verhalten?

Wir ticken alle so, mehr oder weniger. Mangelnde Anerkennung schmerzt. Und da Arbeit im Leben viel Raum einnimmt, reagieren wir sehr sensibel auf Störungen in unserem Arbeitsumfeld. Welche wichtige Rolle der Vorgesetzte dabei spielt, braucht wohl kaum einer weiteren Erklärung. Dennoch: Nicht jeder weiß um die Vater-Mutter-Eltern-Rolle, die ein Vorgesetzter zwangsläufig auch für seine „Untergebenen“ einnimmt.

Nicht unwichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis auf eine psychologische Basis-Erkenntnis, die besagt: Die Kindheit dauert 100 Jahre und am Arbeitsplatz werden sehr häufig die erlittenen Familiendramen nachgespielt. Kollegen wie Vorgesetzte mutieren schnell (unfreiwillig und unwissend) zu Mitspielern einer Re-Inszenierung, die aus den eigenen Kindertagen stammt. Das Problem ist vor allem: Die verschiedenen Stücke der unterschiedlichen Personen/Mitarbeiter werden mehr oder minder alle gleichzeitig zur Aufführung gebracht.

Nachdem Sie Ihr Problem kritisch reflektiert und darüber nachgedacht haben, woran Sie dieses Erleben womöglich erinnert, dürfen Sie Ihrem Gefühl vertrauen und aussprechen, was Sie quält. Hoffentlich treffen Sie in Ihrem privaten Umfeld auf offene Ohren. Das kann hilfreich sein. Letztendlich aber sollten Sie das, was Sie wahrnehmen, in einem Vieraugengespräch mit dem Chef vorsichtig ansprechen. Nicht vorwurfsvoll, sondern eher neutral und offen, so dass sich Ihr Chef nicht auf die Verteidigungsposition zurückziehen kann.

Nutzen Sie einen entspannten Moment und tragen Sie Ihre Frage freundlich vor. Etwa so: „Wo wir gerade bei den Arbeitsergebnissen sind; ich wollte Sie einmal etwas sehr Persönliches fragen. Darf ich? Ich nehme des Öfteren wahr, sie sind nicht ganz glücklich mit dem was ich tue...“ Und dann hören Sie zu und verteidigen sich nicht gleich, wenn Ihnen dieses und jenes zu Ohren kommt. Bleiben Sie gelassen, kommentieren Sie zunächst nicht. Fragen Sie nach, ob Sie alles richtig verstanden haben und ob es noch etwas zu sagen gibt. Dann bedanken Sie sich und erklären über das Gesagte erst einmal nachdenken zu wollen, um zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurück zu kommen. Sie werden erstaunt sein, wie Ihr Chef darauf reagiert – gleich und auch künftig im Umgang mit Ihnen. Foto: Promo

– Haben Sie auch eine Frage?  Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

an Jürgen Hesse

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