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Für Orsine Mieland stand früh fest: In ihrem Job braucht sie Unabhängigkeit. Der Weg dorthin führte für die Handwerkerin über den Meisterbrief.

© Thilo Rückeis

Meisterausbildung: Chefin sein

Nach der Gesellenprüfung können Handwerker mit der Meisterausbildung beginnen. In den Vorbereitungskursen spielt E-Learning eine wachsende Rolle.

Sie will selbstständig arbeiten. Das ist Orsine Mieland schon klar, bevor sie sich für einen Beruf entscheidet. Die Noten der Abiturientin sind gut, sie denkt über ein Architekturstudium nach, und dann – weil ihr das zu theoretisch ist – über eine praktische Tätigkeit.

Auf ihrer Liste stehen drei handwerkliche Ausbildungen, die sie hintereinander absolvieren möchte, um dann unabhängig zu sein und überall auf der Welt arbeiten zu können: „Ich hatte mir vorgenommen, zuerst eine Tischlerlehre zu machen, dann in eine Kfz-Werkstatt zu gehen und anschließend noch den Beruf des Elektrikers zu erlernen.“

Am Ende bleibt sie dann aber doch beim Tischlerberuf, macht 1984 ihre Gesellenprüfung und geht für einige Jahre nach Italien. Doch der Wunsch, als selbstständige Tischlerin in Deutschland zu arbeiten, lässt sie nicht los. Deshalb drückt sie Mitte der neunziger Jahre noch mal die Schulbank. 1996 hat Orsine Mieland ihren Meisterbrief in der Tasche. „Diese Doppelbelastung war schon sehr anstrengend, ich habe oft von Montag bis Donnerstag gearbeitet und saß freitags und sonnabends in der Meisterschule.“

Die Meisterausbildung ist eine sogenannte Aufstiegsqualifikation. Bis zu 75 Prozent der Kosten können über das staatliche Meister-BAfög gefördert werden. Die Prüfung besteht aus Fachpraxis und Fachtheorie, außerdem geht es um wirtschaftliche und rechtliche Grundlagen – und um Pädagogik. 450 Prüflinge machten nach Angaben der Handwerkskammer (HWK) im 2012 in Berlin ihren Abschluss.

In den vergangenen Jahren hat sich für die angehenden Meister einiges verändert: Sie können nun direkt nach der Gesellenprüfung mit der Meistervorbereitung beginnen. Zudem profitieren Anwärter von neuen technischen Möglichkeiten: Dank E-Learning können sie häufiger von zu Hause aus arbeiten: „Immer mehr Meisteranwärter arbeiten mit dem Lernmanagementsystem Moodle“, sagt Wolfgang Rink, stellvertretender Pressesprecher der Handwerkskammer Berlin.

Deutsche Meisterausbildung wird im Ausland hoch geschätzt

Über dieses System stellen Dozenten Unterlagen, Aufgaben und Fragen bereit. Die Teilnehmer können sich dann mit Kollegen und Lehrenden online über die Themen austauschen. „Es entstehen Lerngruppen, und der Lernstand wird kontrolliert“, erklärt Rink. Fast die Hälfte der Meisteranwärter entscheidet sich wie auch Orsine Mieland für berufsbegleitende Kurse und sitzt in Teilzeit – am Abend oder Wochenende – im Unterricht. Möglich ist auch eine Kombination aus Selbststudium und Präsenzphasen.

Wer den Brief schließlich in der Tasche hat, ist in der ganzen Welt gefragt. Nach den Erfahrungen der Handwerkskammer hat die Meisterausbildung auch im Ausland einen hohen Stellenwert. Das belegten Rückmeldungen ehemaliger Teilnehmer. „Und auch unsere Fortbildungsabschlüsse wie der technische Fachwirt und der Betriebswirt HWK sind bekannt und nützen den ehemaligen Teilnehmern bei Bewerbungen.“ Der Stellenwert der deutschen Meisterausbildung im Ausland zeige sich ebenfalls an den Besuchergruppen aus allen Teilen der Welt, die sich vor Ort genauer über die Ausbildung informieren möchten – weil sie das deutsche Bildungssystem, und insbesondere die Meistervorbereitung, hoch schätzten.

Orsine Mieland ist mit ihrer Berufswahl und der Aufstiegsfortbildung sehr zufrieden. Die 51 -Jährige ist heute selbstständig und unabhängig. Nach ihrer Prüfung übernahm sie die Kreuzberger Abitare Tischlerei, in der sie schon als Gesellin einige Jahre gearbeitet hatte. Ihre eigenen Lehrlinge wissen allerdings noch nicht, ob sie später ihren Meister machen wollen. Einige von ihnen haben bereits studiert und ergänzen ihren Ausbildungsweg nun durch die Tischlerlehre , andere überlegen, nach der Gesellenprüfung noch an die Uni zu gehen.

Neben der Möglichkeit, selbst einen Betrieb zu führen, schätzt Orsine Mieland an ihrem Meisterabschluss auch dessen positive Wirkung auf die Kunden: „Für viele ist der Meisterbrief einfach ein Gütesiegel.“ Er gebe ihnen das Gefühl, dass die Aufträge bei ihr in guten Händen sind.

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