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Immer dabei. Lernsoftware für mobile Endgeräte wird immer beliebter. So können zum Beispiel zwischendurch Vokabeln geübt werden. Besonders Wiederholungen zwischendurch im Alltag eignen sich für das mobile Lernen. Vom 1. bis 3. Dezember informiert und diskutiert die Online Educa in Berlin über neue Trends im Bereich E-Learning. Foto: dpa

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Mobiles Lernen: Neue Techniken für Handy und PC

Online-Seminare, Sprachkurse für das Smartphone: Der Markt und die Nachfrage für das elektronische Pauken wächst. Denn es kann jederzeit in den Alltag eingeschoben werden

„Ich babble noch ein paar Minuten“, sagt Julia und verschwindet hinter ihrem Computerbildschirm. Wie beim Memory-Spiel erscheinen dort Bilder – aber es geht nicht darum, Pärchen zu finden. Vielmehr muss sich die 30-Jährige an die Begriffe erinnern, die auf den Bildern zu sehen sind – und zwar auf Schwedisch: Die Grafik-Designerin aus Prenzlauer Berg lernt Vokabeln, an ihrem Rechner und unterwegs mit dem Handy. Auch dort läuft „Babbel“, die Lernsoftware des Berliner Unternehmens Lessons Nine. Im „App Store“, wo man Programme für Apple-Geräte erhält, zählt Babbel zu den am häufigsten geladenen Anwendungen im Bereich Bildung. Unzählige Vokabeltrainer gibt es im App Store, manche davon, wie auch Babbel, kann man in einer Testversion herunterladen und vor dem Kauf der Vollversionen ausprobieren. Auch die Community der Apple-Nutzer hilft, die Spreu vom Weizen zu trennen: Bewertungen und Rezensionen verschaffen einen Eindruck von der Qualität der Apps.

Ein anderer Trend sind Online-Communities. Die virtuellen Lerngruppen sind daher auch ein Thema bei der E-Learning-Konferenz „Online Educa“, die von 1. bis 3. Dezember in Berlin stattfindet. Ein Beispiel für ein solches Lern-Netzwerk ist die „Mediencommunity“, ein von der Beuth Hochschule für Technik Berlin initiiertes Projekt für die Druck- und Medienbranche, das kostenlos zugänglich ist. Die Nutzer können sich dort selbst mit interaktiven Lernprogrammen fortbilden und Lerngruppen bilden. „Besonders beliebt ist unser Prüfungsvorbereitungswiki“, berichtet Projektteam-Mitglied Ulrike Schraps. Dort sammeln angehende Mediengestalter und Drucker Antworten zu Prüfungsthemen, die vom Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien herausgegeben werden. Gerade für die Druck- und Medienindustrie bedeuteten die Online-Lerngruppen eine große Chance, sagt Schraps: „80 Prozent der Unternehmen haben weniger als 20 Mitarbeiter. In kleinen Betrieben ist der Etat für Weiterbildung sehr gering.“ Im Internet aber könne man ohne hohen Kosten- oder Reiseaufwand lernen.

Demnächst startet ein neues Projekt der Mediencommunity: Online-Seminare. Im Unterschied zu den bisherigen Angeboten sind diese zwar nicht kostenlos, aber mit voraussichtlich 250 Euro Teilnehmergebühr für etwa acht Termine immer noch günstig. Bei diesen Seminaren gibt es feste Kurszeiten. Über ein Headset mit Kopfhörer und Mikrofon können Dozenten und Teilnehmer miteinander sprechen. Beinahe wie im Offline-Leben also. Und wie dort, hängt es nicht zuletzt von der Disziplin der Teilnehmer ab, ob sich der Lernerfolg einstellt. Hier hat das Lernen übers Internet einen Nachteil: „Im Unterschied zu klassischen Seminaren ist der Kontakt im Netz anonymer und unverbindlicher“, berichtet Arbeitspsychologin Schraps.

Für Unterwegs: Die für die Online-Seminare genutzte Software wird in der nächsten Version auch auf mobile Geräte ausgelegt sein. Darin sieht auch Thomas Flum, Geschäftsführer des Berliner Unternehmens Equeo, die Zukunft: Immer mehr seien kleine Lerneinheiten gefragt, die auch über mobile Geräte abgerufen werden können. „Das erlaubt Lernen auch in einem fragmentierten Arbeitsalltag und auch situativ, also für den Anlass, für den ich das Wissen gerade benötige. Zudem bin ich nicht allein und kann mich über soziale Netzwerke auch mobil mit anderen austauschen.“ Equeo bietet Kurse für iPhone und iPad zum Beispiel zu Körpersprache und zu Präsentationsmethoden an. Ein Allheilmittel sei das mobile Lernen aber nicht: „Es kann andere Lernformen nicht ersetzen. Aber besonders wenn es um das Wiederholen von Inhalten geht, die Zeit unterwegs sinnvoll zu nutzen oder in bestimmten Situationen kurze Einweisungen gefragt sind, hat mobile Learning unbestrittene Vorteile.“ Auch was Prüfungen und Zertifikate betrifft, ist Flum zurückhaltend: Technisch ließen sich diese zwar realisieren, weil Daten auch beim mobilen Lernen erhoben werden könnten. „Fragt sich nur, ob es Sinn macht. In vielen Fällen wird eine Gesamtmaßnahme zertifiziert und dann ist mobile Learning ein Teil davon.“

Auch Stephan Bayer, Geschäftsführer der Lernplattform „Sofatutor“ setzt auf „kurze, knackige“ Einheiten: „Sie können in den Alltag eingeschoben werden und auch in kurzen Aufmerksamkeitsspannen rezipiert werden.“ Deshalb seien auch die Sofatutor-Videos selten länger als zehn Minuten. Lediglich Filme anschauen sei aber zu passiv – auf die Anwendung des Gelernten komme es an: Deshalb schließe sich an die Videos immer einer kurzer Test oder ein Quiz an.

„Blended Learning“ nennen die E-Learning-Fachleute die Mischung aus klassischem Präsenzkurs und Online-Einheiten, wie sie zum Beispiel die Fernuniversität Hagen anbietet. Auch hier setzt man auf die Vernetzung der Lernenden. In Communities würden sie selbst zu Produzenten von Wissen, indem sie Erfahrungen aus ihrer beruflichen Praxis einbrächten, sagt der Informatiker Till Schümmer.

Von der Fern-Uni selbst wurde die Webseite geistreich.de initiiert. Sie richtet sich an haupt- und ehrenamtliche Kirchen-Mitarbeiter. Als weiteres Beispiel nennt er Foodweb 2.0, eine von Ort und Zeit unabhängige Plattform zur beruflichen Weiterbildung in der Ernährungsindustrie, die zur Zeit an der Universität Duisburg-Essen entwickelt wird. Einfach einen Community-Bereich einzurichten, genüge aber nicht: Da es sich um Lernende handelt, erhalte man ein qualitativ hochwertiges Ergebnis in Communities nur durch umfangreiche Betreuung. Der Dozent habe dort häufiger die Aufgabe eines Community-Managers. Deshalb sei E-Learning auch kein Zaubermittel gegen die Überlastung der Lehrenden. Übungen mit entsprechenden Werkzeugen zeigten, dass sich die Betreuungslast oft sogar noch erhöhe.

Während die Notwendigkeit von Blended Learning heute selbstverständlich sei, gibt es laut Equeo-Chef Flum einen neuen, viel wichtigeren Trend: Das informelle Lernen. Die Mitarbeiter eines Unternehmens organisierten sich ihren Lernprozess dabei selbst. „Geschätzt sind 80 Prozent aller Lernprozesse in den Unternehmen informell. In diese Welt passen mobile Endgeräte und Mobile Learning hervorragend.“

Quasi auch nebenbei kann man mit Hilfe von Apples iPhone lernen: „RapidLearn“ heißt ein Programm, bei dem das Handy die Lerninhalte in der Tiefschlafphase des Nutzers abspielt. Auf diese Weise soll man sich die Dinge besser merken können. Man sollte die Lautstärke nur möglichst gering halten – sonst ist es schnell vorbei mit dem Tiefschlaf.

Günter Bartsch

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