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Jobs & Karriere: Neuer Abschluss – neue Arbeit

Umschulungen dauern lange und sind teuer. Die Arbeitsagentur fördert deshalb lieber kurze Kurse. Wir sagen, wie man seine Chancen erhöht und welche Branchen qualifizierte Leute suchen

Wer keinen Berufsabschluss mitbringt, hat es schwerer auf dem Arbeitsmarkt: Er wird im Schnitt häufiger arbeitslos – und bleibt es auch länger. Das bestätigt eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die „unverändert einen langfristigen Trend zu schlechten Arbeitsmarktchancen für gering Qualifizierte“ sieht. Laut Studie lag ihre Arbeitslosenquote im Jahr 2005 mit 26 Prozent zweieinhalb Mal so hoch wie bei Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung. In allen Altersgruppen trügen Personen ohne Berufsabschluss ein vielfach höheres Risiko, arbeitslos zu werden, als Personen mit Berufs- oder Hochschulabschluss, heißt es dort weiter.

Doch was tun, wenn man keinen Beruf gelernt hat? „Wer älter als 25 ist und noch keine Erstausbildung besitzt, kann zum Beispiel über eine Umschulung einen Berufsabschluss nachholen“, sagt Beatrix Boldt, Leiterin des Bereichs berufliche Weiterbildung beim Berliner Bildungsträger Forum Berufsbildung. Sie hält Umschulungen für eine sinnvolle Möglichkeit, um sich dauerhaft und sicher in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

Auch für Menschen, die zwar eine Ausbildung haben, mit dieser aber nicht mehr vermittelbar sind, kann eine Umschulung sinnvoll sein – etwa wenn es den einmal erlernten Beruf in dieser Form gar nicht mehr gibt. Persönliche oder gesundheitliche Gründe können ebenfalls eine Rolle spielen. Etwa bei Berufsrückkehrerinnen, deren früherer Job nicht mit der Erziehung eines Kindes vereinbar ist oder bei Menschen, die aufgrund einer Allergie, eines Bandscheibenvorfalls oder einer anderen Krankheit nicht mehr in ihrem alten Beruf arbeiten können. Sie haben als so genannte Rehabilitanden sogar einen Rechtsanspruch auf eine Umschulung. Die Ausbildung wird dann vom Rentenversicherer oder der Berufsgenossenschaft gefördert.

Mit einer Förderung über die Arbeitsagentur sieht es dagegen nicht ganz so einfach aus. Denn eine Umschulung dauert lange – und ist entsprechend teuer. „Im Prinzip ist es schon besser, eine abgeschlossene Berufsausbildung zu haben“, bestätigt Ellen Queisser, Pressesprecherin der Arbeitsagenturen in Berlin. Allerdings spielten bei der Förderung Arbeitsuchender auch Wirtschaftlichkeitserwägungen eine Rolle. Falls der Betreffende auch mit kleineren Maßnahmen wieder fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden könne, entscheide sich der betreffende Mitarbeiter des Jobcenters oder der Arbeitsagentur für die günstigere Lösung. „Wenn es aber keine Möglichkeiten gibt, auf vorhandenes Wissen aufzubauen und man im Gegenzug davon ausgehen kann, dass der Umschüler hinterher eine dauerhafte Stelle findet, wird eine Umschulung auch bewilligt werden.“

Beraten lassen kann man sich neben den Jobcentern auch bei privaten Anbietern, etwa den „Lernläden“ des Lernnetzes Berlin-Brandenburg. Aber auch die einzelnen Weiterbildungsinstitute bieten individuelle Beratungsgespräche an. Einen ersten Überblick über das Umschulungsangebot bieten zum Beispiel die Stellenseiten von Tageszeitungen oder Internetdatenbanken wie die Weiterbildungsdatenbank Berlin oder das Angebot „kursnet“ der Arbeitsagentur (siehe Infokasten).

Relativ neu ist das Kreuzberger Modellprojekt „Jobassistenz“. Es beruht auf einer engen Zusammenarbeit von Beratungsstelle und Jobmanagern. „Wir informieren Interessierte über das Angebot und finden heraus, ob eine Umschulung überhaupt in Frage kommt“, sagt Projektleiterin Carmen Regin. Dazu werden die Ressourcen erforscht, vorhandene Fähigkeiten abgefragt und die Vorqualifikationen zusammengetragen. „Anhand dieser Informationen versuchen wir herauszufinden, ob eine Kurzzeitschulung zum Erfolg führt oder ob wir eine Umschulung in einen ganz neuen Beruf empfehlen“, berichtet Carmen Regin. „Die Entscheidung, ob die Umschulung dann gefördert wird, trifft aber immer der zuständige Mitarbeiter der Arbeitsagentur.“

Bewerber sollten sich auch darüber informieren, in welchen Branchen derzeit überhaupt qualifizierte Leute gebraucht werden. In Berlin ist das vor allem in gewerblich-technischen Berufen der Fall. Gesucht werden etwa Verspanungstechniker, Mechatroniker und Elektrotechniker. Im kaufmännischen Bereich sind es vor allem Marketing- und Immobilienkaufleute. Hier scheiden derzeit viele Mitarbeiter altersbedingt aus, die Unternehmen brauchen Nachwuchs. Die Gesundheitsbranche ist ebenfalls ein Jobmotor in der Hauptstadt. Altenpfleger oder Gesundheitskaufleute sind Mangelware. Ein weiterer Boombereich ist der Tourismus: Das Hotel- und Gastronomiegewerbe sucht ständig nach qualifiziertem Personal, quer durch alle Berufe.

Ist die Förderung der Umschulung von der Arbeitsagentur erst einmal bewilligt, muss man sich in Eigenregie nach einem kompetenten Weiterbildungsträger umsehen. Beatrix Boldt empfiehlt, das entsprechende Institut, dessen Dozenten und die Lehrpläne eingehend zu prüfen. Am besten gehe das, indem man an einem Probeunterricht teilnimmt. „Erkundigen Sie sich, ob die Lehrgänge eine anerkannte Zertifizierung haben“, rät sie weiter. „ Informieren Sie sich über Praktika und darüber, mit welchen Unternehmen das Weiterbildungsinstitut zusammenarbeitet. Wichtig ist auch, ob es interessante Zusatzangebote gibt.“ Das könne zum Beispiel ein Internetcafé oder Bewerbungscoaching sein. Angebote wie diese erhöhten die Chance auf eine gute Ausbildung – und damit die Aussicht auf eine stabile und dauerhafte Beschäftigung.

Harald Olkus

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