zum Hauptinhalt
Für Menschen mit Fernweh. Ob Reiseleiter im Ausland oder Manager zuhause: In der Branche gehört ein großes Interesse an Geografie und an fremden Kulturen dazu. Das Foto zeigt eine Reisegruppe im spanischen Cordoba vor der Moschee-Kathedrale „Mezquita“. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Tourismusbranche: Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Die Ausbildungsplätze sind begehrt. Wer bei den großen Reiseveranstaltern in die Lehre gehen will, braucht mehr als gute Noten in Englisch und Mathematik.

Anja Misgeiski hat sich für die Tourismusbranche entschieden, weil sie mit Menschen arbeiten will – und weil sie Fernweh hat und dort arbeiten will, wo andere Urlaub machen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Noch ist die 25-Jährige in der Ausbildung. 20 Stunden arbeitet sie bei der Hostel-Kette Meininger – und studiert daneben 20 Stunden an der Internationalen Berufsakademie Berlin für einen Bachelor of Arts für Hotel- und Tourismusmanagement. Nach der Arbeit muss sie oft noch für Klausuren lernen. BWL, VWL, Wirtschaftsenglisch, Mathematik, Hotel- und Tourismusmanagement, zählt sie auf. Reisen in fremde Länder und fremde Kulturen kennen lernen ist da zur Zeit nicht drin.

Nach dem Abitur hat Anja Misgeiski bereits eine Lehre zur Hotelfachfrau absolviert. Doch mit dem dualen Studium rechnet sie sich bessere Chancen auf eine Führungsposition aus. „Später würde ich gern in einem großen Hotel Bankette ausrichten“, sagt sie.

Während in vielen anderen Wirtschaftszweigen die Arbeitsplätze rar sind, wächst die Tourismusbranche, und das nirgendwo stärker als in Berlin. Das spiegelt sich auch im Arbeitsplatzangebot wider. Der Deutsche Reiseverband (DRV) schätzt, dass in Deutschland etwa 2,8 Millionen Menschen im Tourismus arbeiten. Und es werden immer mehr. „Insgesamt haben wir heute deutlich mehr Angebote für den Tourismus als vor einem Jahr“, sagt etwa die Sprecherin des Karriereportals Monster.de, Alexandra Güntzer. Wer heute eine Ausbildung beginnt, hat gute Chancen, übernommen zu werden. Nachwuchskräfte sind gesucht. Das bestätigt auch der Reiseveranstalter Tui Deutschland.

Die Berufe sind so vielfältig wie die Wege in den Job. Für Abiturienten ist ebenso etwas dabei wie für Hauptschüler. So kann man als Azubi Hotelfachfrau oder Produktmanagerin Tourismus lernen, sich in einer duale Ausbildungen in Betrieb und Berufsschule zum Reiseverkehrskaufmann qualifizieren oder an Berufsakademien und Hochschulen Fächer wie Nachhaltiges Tourismusmanagement studieren. Viele neue Berufe haben sich etabliert. An der Touristikakademie der Best Sabel Schule in Berlin zum Beispiel kann man sich etwa zum Staatlich anerkannten Internationalen Touristikassistenten oder zum Staatlich anerkannten Internationalen Hotelmanagementassistenten ausbilden lassen.

Eine erste Orientierung im Dschungel der verschiedenen Möglichkeiten bieten die Internetportale des Deutschen Reiseverbandes Touristik-Azubi.de und Drv-Ausbildung.de. „Über die Angebote der Bildungsträger kann man sich außerdem auf Ausbildungsmessen und Tage der offenen Tür informieren“, rät Verbandssprecherin Sibylle Zeuch. Auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB), die in jedem Frühjahr in Berlin stattfindet, gibt es eine eigene Halle für Ausbildungsinteressierte. Dort können Jugendliche die ausbildenden Unternehmen direkt ansprechen. Der Deutsche Tourismusverband empfiehlt, bei der Wahl der Ausbildung auf staatlich anerkannte Abschlüsse zu achten.

Der am häufigsten gewählte Einstieg in den Tourismus ist nach wie vor die duale Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau beziehungsweise zum Reiseverkehrskaufmann. „In drei Jahren lernen die Azubis, Reisen zusammenzustellen, Preise zu kalkulieren, mit Kunden zu kommunizieren und die computergestützten Reservierungssysteme zu bedienen“, erklärt Hans Doldi, der beim Deutschen Reiseverband für Aus- und Fortbildung zuständig ist.

Viele Unternehmen wünschen sich Bewerber mit Abitur oder Fachabitur. Zudem sollten angehende Azubis über gute Fremdsprachenkenntnisse verfügen, vor allem in Englisch, Interesse an Geografie und fremden Kulturen haben und gerne mit Menschen kommunizieren. Sie sollten Organisationstalent mitbringen und über mathematische Grundkenntnisse verfügen.

Die Ausbildungsplätze sind begehrt. Der Reiseveranstalter Tui etwa bekommt auf etwa 70 freie Azubi-Stellen im Jahr mehrere tausend Bewerbungen. Von den Konkurrenten abheben könne man sich durch Auslandsaufenthalte, Spanischkenntnisse oder ein Praktikum im Tourismus, sagt Sprecher Michael Blum.

In der Ausbildung verdient man etwa 550 Euro im ersten Jahr bis zu etwa 800 Euro im dritten Jahr. Das Gehalt für Berufseinsteiger liegt bei etwa 2000 Euro brutto.

Auch in der Ausbildung kann man ins Ausland gehen. So gibt es die Möglichkeit, an „Informationsreisen“ von Reiseveranstaltern oder dem Weiterbilder Willy Scharnow-Stiftung für Touristik teilzunehmen. Dabei sieht man sich an Reisezielen mögliche Unterkünfte und Sehenswürdigkeiten an, um Kunden später besser beraten zu können. „Eine andere Möglichkeit sind drei- bis sechswöchige Auslandspraktika mit deutschen und europäischen Förderprogrammen wie InWent oder Leonardo da Vinci“, weiß Hans Doldi.

Wer sich auf bestimmte Länder spezialisiert, kann seine Chancen verbessern: Viele Reisebüros haben sich auf bestimmte Regionen oder Reiseangebote wie zum Beispiel Golfreisen oder Kreuzfahrten konzentriert. Das Rüstzeug, das man in der Ausbildung erhält, ist aber sehr ähnlich, so dass ein Wechsel zu anderen Arbeitgebern jederzeit möglich ist.

Wer allerdings weiter nach oben will auf der Karriereleiter, muss meist ein Studium vorweisen. Das ist für viele Managementpositionen bei Tui Deutschland Voraussetzung, sagt Sprecher Blum. In Zusammenarbeit mit der Leibnitzakademie Hannover bietet das Unternehmen ein duales Studium mit dem Abschluss Bachelor of Arts, Fachrichtung Tourismus, an.

Doch auch ohne Studium kann man nach oben kommen. „Ein Aufstieg ist innerhalb eines kleinen und mittelständischen Unternehmens oft schnell möglich“, sagt Hans Doldi. „Nach einigen Jahren Berufserfahrung kann man beispielsweise bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) die Prüfung zum Tourismusfachwirt ablegen und sich dann zum geprüften Betriebswirt weiterbilden – und hat dann die gleichen Karrierechancen wie ein Hochschulabsolvent.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false