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Jobs & Karriere: Viele Arbeitszeitkonten sind in der Krise gefährdet

Auch wer Geld für eine Fortbildung spart, kann bei Insolvenz leer ausgehen

Arbeitszeitkonten sind inzwischen in Deutschland weit verbreitet. Sie dienen einerseits dazu, in Form von Kurzzeitkonten flexible Arbeitszeiten zu verwalten. Aber sie werden auch als langfristiges Guthaben zum Ansparen für eine berufliche Auszeit oder den vorzeitigen Ruhestand genutzt. Wenn der Arbeitgeber pleitegeht oder man den Job wechselt, ist das Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto allerdings nicht sicher. Teilweise Besserung soll ein neues Gesetz bringen, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. Spürbaren Einfluss wird aber auch die Wirtschaftskrise auf die Arbeitszeitguthaben nehmen.

Die derzeitige Krise sei „die erste Nagelprobe für die Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonten“, sagt Hartmut Seifert, Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf. Bei Betrieben mit Auftragsflaute werden nun zunächst die Kurzzeitkonten geleert. Experten gehen davon aus, dass das Guthaben auf den Arbeitszeitkonten insgesamt deutlich zurückgehen wird.

Während das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg für 2008 noch einen Anstieg der Guthaben auf den Arbeitszeitkonten vorhergesagt hat, gehen die Experten für 2009 von einem Rückgang etwa in der gleichen Größenordnung aus. Das gilt nicht nur für die Kurzzeitkonten: „Es kann natürlich sein, dass die Beschäftigten und der Betriebsrat sagen: Dann lasst uns lieber unsere Langzeitarbeitszeitkonten plündern, bevor wir arbeitslos werden“, vermutet Hartmut Seifert.

„Ob ein Arbeitszeitkonto bei einem Auftragsrückgang angetastet werden kann, hängt davon ab, was in der konkreten Arbeitszeit-Vereinbarung geregelt ist“, erklärt Martina Perreng, Arbeitsrechtsexpertin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. Hierbei gebe es kein einheitliches Bild, sagt Marc Danlowski, Berater im Zeitbüro NRW in Dortmund. „Häufig muss aber der Betriebsrat zustimmen, wenn Guthaben von einem Langzeitarbeitskonto genommen wird.“

Für Arbeitnehmer gibt es zwei weitere Knackpunkte. Erstens: Was passiert mit dem angesparten Guthaben, wenn die Firma Insolvenz anmeldet? Zweitens: Kann das Guthaben übertragen werden, wenn der Mitarbeiter den Arbeitgeber wechselt? Für beide Fälle soll ein neues, Flexi II genanntes Gesetz Besserungen bringen.

Auch bislang gab es schon eine Verpflichtung des Arbeitgebers zum Insolvenzschutz. Allerdings war diese Pflicht eher unverbindlich. Tatsächlich war nach einer Studie des Hans-Böckler-Instituts in einem Viertel der Unternehmen mit Langzeitkonten das Guthaben der Mitarbeiter nicht gegen Insolvenz gesichert. Nach dem neuen Gesetz wird in der Regel alle vier Jahre im Rahmen der Sozialversicherungsprüfung kontrolliert, ob die Arbeitszeitkonten gegen Insolvenz gesichert sind.

Doch auch diese Prüfung bietet keine Garantie, dass das Guthaben sicher ist: „Wenn ich vier Jahre eingezahlt habe und die Firma dann kurz vor der Prüfung insolvent wird, hilft mir das natürlich überhaupt nichts“, warnt Gewerkschafterin Perreng. Hinzu kommt, dass im Gesetz lediglich eine Absicherung von mindestens 70 Prozent des Guthabens vorgeschrieben ist.

Auch die Übertragbarkeit des Guthabens bei einem Job-Wechsel ist in dem neuen Gesetz an mehrere Bedingungen geknüpft: So müssen in Westdeutschland mindestens 15 000 Euro und in Ostdeutschland 13 000 Euro auf dem Arbeitszeitkonto sein. Von dem angesparten Guthaben kann der Arbeitnehmer dann etwas „abheben“. Das geht aber nur begrenzt: „Die Entnahme ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer einen Angehörigen pflegt, ein Kind selbst betreut, in Teilzeit geht oder um daraus einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben zu finanzieren“, betont Arbeitszeit-Experte Danlowski. Sebastian Knoppik (dpa)

Sebastian Knoppik (dpa)

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