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Doppelrolle. Der Übergang von Elternzeit und Beruf ist für viele Mütter nicht leicht. Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, Seminare für Mütter anzubieten oder zu bezahlen.

© ddp

Weiterbildung in Elternzeit: So schaffen Mütter einen nahtlosen Übergang

Weiterbildungen in der Elternzeit erleichtern die Rückkehr in den Beruf. Was Betriebe und Frauen tun können

Ines Funke hatte nie das Gefühl, weg zu sein aus ihrem Unternehmen – obwohl sie in Elternzeit war. Die Versicherungsfachfrau arbeitet bei der Allianz. „Ich habe immer gewusst welche Themen gerade relevant sind und konnte das Ganze mit Abstand verfolgen.“ 2003 hatte sie zwei Monate nach der Geburt der Tochter eine Weiterbildung für Führungsaufgaben begonnen und alle sechs Wochen ein Seminar besucht. In ihrem Bekanntenkreis ist sie die einzige, die diesen Weg gewählt hat. „Ich würde es immer wieder so machen“, erklärt die heute 38-Jährige. „Mir war diese Verbindung zur Firma wichtig“, sagt Funke. Es half ihr, schneller nach der Elternzeit in den Beruf voll einzusteigen.

Ihr Chef hatte sie für die Weiterbildung vorgeschlagen. Als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr, hatte sie von sich aus nachgefragt, ob sie auch in der Elternzeit an den Seminaren teilnehmen könnte. Bei der Allianz gibt es keine Weiterbildungsprogramme speziell für die Elternzeit, Lösungen werden individuell mit dem direkten Vorgesetzten gesucht, der Funke direkt unterstützte.

Auch ihr Mann und ihre Eltern stärkten ihr den Rücken, sie musste sich um die Kinderbetreuung keine Sorgen machen. Nach einem Jahr Elternzeit entschied sie sich, erstmal in ihre alte Position in den Vertrieb zurückzukehren – obwohl die Versicherungskauffrau das Assessmentcenter, dass auf die Weiterbildung folgte, gut bestand. Sie wollte schauen wie es mit Kind und Beruf funktioniert – und es klappte gut. Ein Jahr später kam dann die Beförderung: Mit 32 Jahren übernahm sie die Geschäftsstelle in Dessau und war nun für 200 Mitarbeiter und Selbstständige verantwortlich. Seit Anfang 2010 ist sie in Leipzig Abteilungsleiterin im Bereich Kundenbetreuung.

Auch heute sind es immer noch hauptsächlich Frauen, die sich in der ersten Zeit nach der Geburt zuhause um den Nachwuchs kümmern. Beim erfolgreichen Wiedereinstieg ins Berufsleben helfen Weiterbildungen schon in der Elternzeit. Die Einarbeitungszeit nach der Pause wird kürzer, das fachliche Wissen wird aufgefrischt. Auch minimiere sich dadurch die Dauer der Auszeit, Mütter entschieden sich dann schneller wieder anzufangen, sagt Evelyn Freitag von Beruf-und-Familie. Die Tochter der Hertistiftung zertifiziert familienbewusste Firmen.

Kein Wunder also, dass die Mehrzahl die Möglichkeit der Weiterbildung in der Elternzeit begrüßen. Bei einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund sprachen sich 74 Prozent der Arbeitnehmer mit Kindern dafür aus. Die Realität ist jedoch eine andere. Gerade junge Frauen werden bei Weiterbildungen benachteiligt, zeigt eine Studie an der Uni Hannover. Die Arbeitsökonomen Patrick Puhani und Katja Sonderhof analysierten die Auswirkungen der dreijährigen Elternzeit auf die Weiterbildungsaktivitäten von Müttern und jungen Frauen ohne Kinder. Ihnen zufolge ist seit der Ausweitung der Elternzeit von 18 auf 36 Monate im Jahr 1992 die Weiterbildung beider Gruppen stark zurückgegangen im Vergleich zu älteren Frauen oder Männern generell.

Es ist aber Hoffnung in Sicht. Immer mehr Firmen setzten sich mit dem Thema Familienbewusstsein auseinander, sagt Freitag von Beruf-und-Familie. Auch nach dem Unternehmensmonitor 2010 des Bundesfamilienministerium hat die Zahl der Betriebe, die Weiterbildungen in der Elternzeit anbieten, zugenommen. Inzwischen sind es knapp 20 Prozent, 2003 waren es nur rund sechs.

Damit die Auszeit und der Wiedereinstieg gut funktionieren, sollte man rechtzeitig planen, empfiehlt Beruf-und-Familie. „Heute an Morgen denken und nichts dem Zufall überlassen“, betont Freitag. Die Erwartungen beider Seiten sollten geklärt und es sollte abgesprochen werden, wie die Elternzeit sinnvoll genutzt wird. Weiterbildung, Seminare und Fortbildungen seien hier ein Weg, das berufliche Wissen zu erhalten. E-Learning bietet neue Möglichkeiten, sich Zuhause am eigenen Computer weiterzuqualifizieren. Unternehmen sind gesetzlich nicht verpflichtet, Weiterbildungen anzubieten. Mütter können aber auch selbst aktiv werden und sich eine außerbetriebliche Qualifizierung organisieren. Die Kosten muss der Arbeitgeber jedoch nicht übernehmen. Um die Situation zu verbessern, fordert die Gewerkschaft Verdi, Beschäftigten tarifvertraglich einen Anspruch auf Weiterbildung zu ermöglichen – auch in Elternzeit.

Es gibt auch andere Wege, fachlich am Ball zu bleiben. Urlaubs- und Krankheitsvertretungen können für zwei bis drei Wochen vereinbart oder es kann befristet in Projekten mitgearbeitet werden. Bis zu 30 Stunden Arbeit in der Woche sind während der Elternzeit gesetzlich erlaubt. Allerdings muss die Tätigkeit der Elterngeldstelle gemeldet werden. Familienfreundliche Unternehmen bieten außerdem Elternnetzwerke, Mentorin-Programme oder regelmäßige Treffen an.

Auch werden Arbeitnehmer in Elternzeit immer wieder zu entscheidenden Meetings eingeladen. „Es ist wichtig im Kontakt zu bleiben und Kontinuität zu schaffen“, sagt Freitag. Die Hürde zum Wiedereinstieg sei dann niedriger. Auch auf Unternehmen wirken sich die Maßnahmen, die den Müttern den Wiedereinstieg erleichtern, positiv aus. Da Mitarbeiter sofort wieder arbeitsfähig sind, würden Firmen die Kosten einer langen Einarbeitung sparen und gut ausgebildete Mitarbeiterinnen an sich binden – gerade im Hinblick auf den drohenden Fachkräftemangel entscheidend. „Es bringt klare Vorteile für beide Seiten“, betont Freitag.

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So klappt der Wiedereinstieg:

VORBEREITUNG

Die Auszeit und mögliche Weiterbildungsseminare sollten am besten schon vor der Elternzeit geplant werden. Von den Frauen ist dabei Eigeninitiative gefragt. Sie sollten sich aktiv an ihre Chefs wenden. Hat der Arbeitgeber keine Weiterbildung vorgesehen, ist es ratsam, einen eigenen Plan vorzuschlagen.

KOSTEN
Unternehmen sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Weiterbildungen anzubieten oder die Kosten zu übernehmen. Die Gebühren variieren je nach Thema und Dauer.

IN ELTERNZEIT
Kontakt halten und immer wieder das Gespräch suchen.

DIE RÜCKKEHR
Schon während der Elternzeit sollte ein Wiedereinstiegsgespräch vereinbart werden um zu klären, welche Arbeitsmodelle in Zukunft im Betrieb möglich sind: zum Beispiel flexible Arbeitszeiten oder Teilzeit. Auch ist die Frage wichtig, inwieweit der Arbeitgeber bei der Kinderbetreuung unterstützt. sma

Svenja Markert

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