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Jobs & Karriere: Wie Fachhochschulen Unis abhängen

Der Bachelor soll für den Berufsalltag fit machen. Das gelingt nur wenigen Studiengängen. Eine Studie zeigt: Vor allem Unis müssen noch an ihren Konzepten arbeiten

Britta Wienströer hat schon einmal ein Unternehmen gesteuert, den Online-Auftritt für eine Firmenkontaktmesse organisiert und das Marketing zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland analysiert. All das während ihres Bachelorstudiums der Außenwirtschaft an der School of International Business, die zur Hochschule Reutlingen gehört.

In einem Planspiel lenkte sie mit Kommilitonen die Geschicke einer Firma. Das Team musste entscheiden: Welche Finanzierung wählen wir? Wie hoch ist der Marketingaufwand? Wie viel Geld stecken wir in die Produktentwicklung? Es waren Entscheidungen, die die Gruppe in kürzester Zeit treffen musste. „Das zu üben, war sehr wichtig für mich“, sagt Wienströer. „Man muss im Team klar kommen und auch damit, dass einige mal anderer Meinung sind. Dann gilt es, Kompromisse zu finden.“ In einem anderen Kurs hat sie etliche Präsentationen gehalten, einige spontan, mit wenig Vorbereitung.

Wienströer hat neben Fachwissen auch Schlüsselqualifikationen erworben, die Arbeitgeber von Bachelorabsolventen erwarten. Der Bachelor soll, so das Ziel, der erste berufsbefähigende Abschluss sein. Doch wie fit sind die Studenten tatsächlich? Der Arbeitskreis Personalmarketing (DAPM), der sich aus Personalverantwortlichen von 43 namhaften Unternehmen zusammensetzt, hat das zum dritten Mal untersucht. Das Fazit des Ratings: Nur wenige Bachelorstudiengänge bereiten Studenten entsprechend der Bedürfnisse vor. Bei vielen steht die Berufsbefähigung, Neudeutsch: „Employability“, noch im Hintergrund. Und es sind erneut die Fachhochschulen, die punkten. Doch einige Unis zeigen: Es geht auch anders.

547 Bachelorstudiengänge der Betriebswirtschaft, der Informatik und der Ingenieurwissenschaften hat das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) im Auftrag des DAPM bewertet. Am Ende verliehen die Experten des CHE Sterne. Fünf für die besonders guten, keinen für die ganz schlechten. Methoden- und Sozialkompetenz, Praxisbezug und Internationalität – das wurde im Rating abgeklopft. Wenden die Studierenden in Planspielen ihr Wissen an? Kommt ein Teil der Dozenten aus der Praxis? Ist ein Praktikum verpflichtend? Halten die Dozenten Vorlesungen in einer Fremdsprache? „Wir bewerten hier speziell wichtige Kriterien der Berufsbefähigung und nicht die fachliche oder theoretische Qualität der Ausbildung“, sagt Christian Schutz, der beim DAPM den Arbeitskreis Bachelor/Master leitet.

Das heißt aber nicht, dass Absolventen einer Hochschule mit Spitzenbewertung generell gut und Studenten einer schwächeren Hochschule automatisch schlecht sind. Denn die Experten des CHE bewerten lediglich strukturelle Merkmale des Studiengangs. Angebote und Kurse, die Studenten freiwillig belegen können, fließen nur zu einem geringen Teil ein. Und schließlich kommt es auf die Persönlichkeit des Absolventen an. Das sehen auch die Unternehmen so. „Wir verschließen vor keinem Absolventen die Tür, egal, von welcher Hochschule er kommt“, sagt Annette Günther, Recruitment Manager bei Henkel. Dennoch findet das Rating auch in ihrem Unternehmen Beachtung. Henkel kooperiert mit verschiedenen Hochschulen, und das Rating zeigt weitere interessante Hochschulen auf.

Besonders gut abgeschnitten haben wieder die Fachhochschulen. Bei allen untersuchten Studienfächern stehen sie ganz oben. Und wie schon in den Jahren zuvor landeten die meisten Unis auf den hinteren Plätzen. Zwar schnitt diesmal kein Studiengang mit Null Punkten ab. Doch die Liste derer, die sich mit einem Stern begnügen müssen, ist lang. Und es trifft keineswegs nur die Unis. Auch etliche Fachhochschulen sind dabei. Insgesamt dürfen sich nur 30 Studiengänge mit der Bestnote schmücken, zum ersten Mal auch zwei Unis.

Die Uni Siegen hat es mit dem Studiengang Maschinenbau in die beste Klasse geschafft, die Uni Münster mit dem Bachelor in Wirtschaftsinformatik. Auf vier Sterne bringen es einige Unis, darunter Bamberg und Paderborn im Fach BWL. „Unis können gut sein, wenn sie es wollen“, sagt Christian Schutz.

Denn gegenüber den Fachhochschulen, die schon immer praxisorientierter waren, haben die eher auf Theorie ausgerichteten Unis einen Nachteil. Doch auf verlorenem Posten stehen sie keinesfalls, wie das diesjährige Rating zeigt. „Die Unis arbeiten daran, den Praxisnachteil wettzumachen“, sagt Martina Bischof, die im Talent Center der HypoVereinsbank für die Bildungspolitik verantwortlich ist.

Doch nicht alle Hochschulen wollen das. Vor allem technische Universitäten wehren sich dagegen, die Berufsqualifizierung im Bachelor zu vermitteln. Der Fakultätentag Elektrotechnik und Informationstechnik hat seinen Mitgliedern empfohlen, nicht am Rating teilzunehmen. Die Begründung: Erst mit dem Master würden die Absolventen an den Unis eine explizite Berufsbefähigung erreichen. Die Bachelor-Studiengänge der Unis seien mit denen der Fachhochschulen nicht vergleichbar. Zumindest nicht, wenn es um die Berufsbefähigung geht. Von den 21 Uni-Fakultäten in Deutschland, die den Bachelor in der Elektrotechnik anbieten, haben sich laut CHE nur acht dem Rating gestellt.

Unterdessen haben viele Unis erkannt, dass sie den Studenten eine gute Ausbildung schuldig sind und die Wirtschaft Bachelorabsolventen braucht. Die Wirtschaftsinformatiker an der Uni Münster zum Beispiel haben ihren Bachelor vor knapp drei Jahren neu strukturiert. „Wir haben die Berufsbefähigung in den Vordergrund gestellt“, sagt Jörg Becker, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik. Dafür erhielt das Fach in diesem Jahr fünf Sterne.

Arbeitgeber erwarten von Absolventen vor allem soziale Kompetenz, hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einer Umfrage unter mehr als 2100 Unternehmen ermittelt. Teamfähigkeit ist demnach von großer Bedeutung, erst an fünfter Stelle rangiert das Fachwissen. Und dass dieses beim Bachelor nicht so tief sein kann wie beim Diplom, wissen die Unternehmen. „Bachelor-Absolventen sind keine Spezialisten, sondern Generalisten“, sagt Martina Bischof von der HypoVereinsbank.

In vielen Unternehmen sind die Bachelor gefragt. „Fast zehn Prozent aller Hochschul-Absolventen, die wir einstellen, haben den Bachelor-Abschluss“, sagt Bischof. Die Bachelor übernehmen besonders im Vertrieb Aufgaben, die weniger komplex sind. Absolventen zweiter Klasse seien sie deshalb keineswegs. Bei BMW kommen sie beispielsweise in der Entwicklungsabteilung unter. Dort brauche BMW auch Mitarbeiter mit technischem Know-how, die Projekte steuern, sagt Christian Schutz von DAPM, der beim Münchner Autobauer für Strategie Personalmarketing und Nachwuchssicherung zuständig ist. „Dafür sind weder Master noch Promotion notwendig, sondern berufsbefähigende Kompetenzen“, sagt Schutz. Die Absolventen guter Hochschulen sind gefragt. „Rund 70 Prozent unserer Studenten haben einen Job sicher, bevor sie ihr Bachelorzeugnis in den Händen halten“, sagt Gerd Nufer, Prodekan der Reutlinger School of International Business. Doch auch wer an einer Hochschule studiert, die beim Bachelorrating nicht so gut abschneidet, hat deshalb nicht schlechtere Jobaussichten. Er muss Schlüsselqualifikationen nur eben anderswo erwerben. Stefani Hergert

Das vollständige Rating und weitere Studiengänge sind im Internet unter www.karriere.de/bachelor zu finden. Der Beitrag ist dem Magazin „Junge Karriere entnommen

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