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Karrierefrage: Muss der Arbeitgeber Pflegezeit gewähren?

Arbeitnehmer haben verschiedene Möglichkeiten, angehörige Kranke zu pflegen. Der Berliner Arbeitsrechtler Dietmar Müller-Boruttau erklärt, was bei der Gewährung von Pflegezeit zu berücksichtigen ist.

Ich bin Geschäftsführer eines Unternehmens, das 17 Mitarbeiter beschäftigt. Nun bittet ein Mitarbeiter um „Pflegezeit“ für seinen schwer erkrankten Lebenspartner. Muss ich ihm das gewähren? Wie lange muss ich auf ihn verzichten und wie lässt sich das mit dem Gehalt regeln?

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie der Wunsch des Mitarbeiters umgesetzt werden kann. Ihr Mitarbeiter kann sich im Rahmen einer Pflegezeit bis zu sechs Monate zusammenhängend von der Arbeit freistellen lassen, um einen nahen Angehörigen, dazu gehört auch der Lebenspartner, zu pflegen. Außerdem kann er während der Familienpflegezeit bis zu 24 Monate lediglich eine Teilzeittätigkeit ausüben. In Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern ist beides möglich.

Erfordert die Pflege des Angehörigen eine permanente Präsenz und der Arbeitnehmer fehlt Ihrem Betrieb bis zu sechs Monate, können Sie dem nicht widersprechen. In dieser Zeit hat Ihr Mitarbeiter aber auch keinen Vergütungsanspruch.

Reicht eine täglich stundenweise Präsenz zur Pflege des Angehörigen aus, so kann der Mitarbeiter das Teilzeitmodell wählen. Hierzu braucht er aber die Zustimmung des Arbeitgebers. Bei dieser Variante ist der Mitarbeiter mindestens 15 Stunden pro Woche in seinem Job tätig. Die Vergütung reduziert sich entsprechend der verringerten Stundenzahl. Der Betrag, der dem Mitarbeiter dadurch weniger ausgezahlt wird, ist aber zur Hälfte durch den Arbeitgeber aufzustocken. Den Aufstockungsbetrag kann dieser mit Hilfe eines zinslosen Darlehens des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln finanzieren.

Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet 40 Stunden pro Woche und verdient 4000 Euro im Monat. Möchte er nun nur noch 30 Stunden pro Woche arbeiten, reduziert sich sein Gehalt auf 3000 Euro und ist um weitere 500 Euro aufzustocken. In der „Nachpflegephase“, in der er wieder 40 Stunden arbeitet, bekäme er dann weiterhin ein Gehalt von 3500 Euro, bis das Guthaben abgearbeitet ist. Sein Entgelt ist also trotz voller Arbeitszeit um die Höhe des monatlichen Aufstockungsbetrages reduziert. Danach gilt wieder die ursprüngliche Vergütung.

Endet das Arbeitsverhältnis, ist bezüglich des Guthabens einiges zu beachten: Kündigen Sie, ohne dass der Mitarbeiter durch sein Verhalten dazu Anlass gegeben hat, erlischt Ihr Anspruch auf eine Rückzahlung. Kündigt der Mitarbeiter, muss er den noch offenen Betrag ausgleichen. Er kann aber auch versuchen – hier ist sein „Marktwert“ entscheidend – sich mit dem neuen Arbeitgeber auf die Übernahme des Betrages zu verständigen. Dann zahlt der neue Arbeitgeber die Ausgleichszahlung an den bisherigen. Foto: Promo

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Dietmar Müller-Boruttau

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