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Karrierefrage: Sind Behinderte zu bevorzugen?

Bei Stellenausschreibungen dürfen Bewerber nicht diskriminiert werden. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christoph Abeln, erklärt, was Personaler bei der Einstellung berücksichtigen müssen.

Ein Leser fragt: Ich arbeite in der Personalabteilung eines mittelständischen Betriebes. Vor zwei Wochen haben wir eine Ausschreibung für eine Stelle gestartet. Gestern hat sich darauf hin eine Frau gemeldet, die schwerbehindert ist. Nun bin ich ganz verunsichert. Müssen wir Schwerbehinderte bevorzugt einstellen? Was müssen wir beachten?

Unser Experte antwortet: Einen Anspruch darauf, eingestellt zu werden, haben Schwerbehinderte nicht. Allerdings müssen private und öffentliche Arbeitgeber, die mehr als 20 Arbeitsplätze haben, mindestens fünf Prozent davon an schwerbehinderte Menschen vergeben. Besonders zu berücksichtigen sind schwerbehinderte Frauen. Hält ein Arbeitgeber diese Quote nicht ein, muss er monatlich Ausgleichszahlungen leisten, damit so anderweitig Arbeitsplätze für Menschen mit Schwerbehinderung geschaffen werden können.

Arbeitgeber müssen in ihren Ausschreibungen auch nicht aufführen, dass Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sieht allerdings vor, dass jede öffentliche oder interne Anzeige diskriminierungsfrei zu sein hat. Dadurch sollen Ausschreibungen vermieden werden, die ohne sachlichen Grund bestimmte Bewerbergruppen ausschließen. Inzwischen ist der Zusatz „Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei gleicher Eignung besonders berücksichtigt“ üblich.

Anders als bei der Einstellung haben Schwerbehinderte bei bereits laufenden Arbeitsverhältnissen den Anspruch auf eine Beschäftigung „bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können“ und darauf, bevorzugt behandelt zu werden, wenn innerbetrieblich weitergebildet wird. Nur wenn solche Maßnahmen für den Arbeitgeber unzumutbar sind, können sie entfallen. Zudem gilt: Kann ein Schwerbehinderter an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb besser integriert werden als an seinem derzeitigen, ist ihm dieser zur Verfügung zu stellen, wenn der bislang dort tätige (nichtbehinderte) Arbeitnehmer versetzt werden kann.

Wird ein Schwerbehinderter bei der Einstellung, dem beruflichen Aufstieg oder der Kündigung diskriminiert, hat er Anspruch auf Schadensersatz. Das Besondere dabei ist, dass es eine eklatante Beweiserleichterung für Schwerbehinderte gibt: Macht ein schwerbehinderter Beschäftigter Tatsachen glaubhaft, die vermuten lassen, dass er diskriminiert wurde, muss der Arbeitgeber beweisen, dass dem nicht so war. Arbeitgeber sollten sehr sensibel mit dem Thema umgehen, um zu vermeiden, aus Unwissenheit mit dem Anspruch auf Schmerzensgeld konfrontiert zu werden.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns:

E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Christoph Abeln

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