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Karrierefrage: Wie viele Überstunden sind erlaubt?

Kann der Chef Mitarbeiter dazu verpflichten, regelmäßig länger zu arbeiten, als es im Arbeitsvertrag vereinbart ist? Darauf gibt der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christoph Abeln, Antwort.

Ich bin Angestellter in einem Betrieb, in dem oft Überstunden anfallen. In meinem Arbeitsvertrag steht, dass die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden beträgt, dass ich, wenn es betrieblich erforderlich ist, Mehrarbeit leisten muss und bis zu vier Überstunden pro Woche mit dem Gehalt abgegolten sind. Darüber hinausgehende Mehrarbeit sei durch Gleitzeit auszugleichen. Darf so meine wöchentliche Arbeitszeit faktisch auf 44 Stunden erhöht werden?

Von Mehrarbeit spricht man, wenn die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschritten wird. Überstunden dagegen bezeichnen das Überschreiten der für den Arbeitnehmer geltenden regelmäßigen Arbeitszeit. Sie ergeben sich, wenn der Arbeitgeber anordnet, die Arbeit im Anschluss an die Arbeitszeit fortzusetzen, oder wenn er vorgeschriebene Pausen nicht gewährt.

Das Bundesarbeitsgericht sieht Klauseln, die ein pauschales Abgelten von Überstunden regeln, nur als wirksam an, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, welche Leistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Sofern der Arbeitsvertrag also eine genaue Überstundenzahl regelt, ist diese Regelung grundsätzlich wirksam. Allerdings sind demnach maximal zehn Prozent der vereinbarten Arbeitszeit als pauschal abgegoltene Überstunden zulässig.

Allerdings darf gemäß Paragraf 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer nicht über acht Stunden liegen. Sie kann aber auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen im Schnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Um Mehrarbeit handelt es sich danach bei einer täglichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers von acht bis zehn Stunden.

Das ArbZG regelt nur die Frage, bis zu welcher Obergrenze Mehrarbeit zulässig ist, nicht aber, ob und in welchem Umfang sie zu vergüten ist. Das wird in Einzelarbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen vereinbart.

Fehlt eine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung, so ist der Arbeitgeber nach Paragraf 612 des Bürgerlichen Gesetzbuches – trotz pauschaler Abgeltungsklausel im Arbeitsvertrag – verpflichtet, Mehrarbeit zu vergüten. So hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 22. Februar (5 AZR 765/10) entschieden, dass eine zusätzliche Vergütung von Mehrarbeit oder Überstunden erwartet werden kann, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht. In dem Fall bekam er 1800 Euro monatlich. Leitende Angestellte wiederum sind stärker verpflichtet durch ihr regelmäßig hohes Gehalt betriebsnotwendige Überstunden ohne zusätzlichen Arbeitsentgeltanspruch zu leisten.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Christoph Abeln

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