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Wirtschaft: Karstadt verkauft künftig auch Pillen

Der Handelskonzern bietet mit der Online-Apotheke Mycare 200 000 Arzneimittel im Netz an – und das soll erst der Anfang sein

Berlin - Der Einzelhandelskonzern Karstadt-Quelle will künftig auch Medikamente verkaufen. Kunden könnten ab sofort rund 200 000 rezeptfreie und verschreibungspflichtige Arzneimittel über das Internet-Portal Karstadt.de bestellen, teilte der Konzern am Mittwoch mit. Dabei kooperiert der Einzelhändler mit der deutschen Online-Apotheke mycare.de. Branchenexperten bewerten die Kooperation als Signal dafür, dass der Apothekenmarkt in Bewegung gerät. „Der finanzielle Druck wächst“, sagte Thomas Kerckhoff, Vorsitzender des Bundesverbandes der Versandapotheken. „Die externen Wettbewerber stellen sich auf.“ Die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände (ABDA) gab sich dagegen betont gelassen. „Wir sehen das sehr entspannt“, sagte ABDA-Sprecher Elmar Esser.

Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte mit der Gesundheitsreform den Apothekenmarkt nur zaghaft liberalisiert. Um mehr Wettbewerb zu ermöglichen, hatte sie den bis dahin in Deutschland verbotenen Arznei-Versandhandel zugelassen. Außerdem dürfen Apotheker seit Jahresbeginn maximal drei Filialen besitzen. Auch das war bislang nicht gestattet. Das so genannte Fremdbesitzverbot rührte die Ministerin dagegen nicht an: Auch künftig muss der Besitzer einer Apotheke ein Apotheker sein. Dadurch wollte Ulla Schmidt Kettenapotheken, die in Großbritannien und den USA längst üblich sind, verhindern. Branchenkenner rechnen aber damit, dass das Fremdbesitzverbot bald fällt – und damit die Voraussetzung für einen kompletten Umbau des deutschen Apothekenmarktes geschaffen wird.

Darum kommt der Einstieg von Karstadt in den Pillenversand für Marktbeobachter nicht überraschend. Erst vor zwei Monaten hatte der Konzern Verhandlungen über einen Einstieg bei der holländischen Internet-Apotheke Doc Morris erfolglos abgebrochen. Doc-Morris-Chef Ralf Däinghaus, dessen Firma noch zum Verkauf steht, bleibt angesichts der neuen Karstadt-Kooperation ruhig. „Das macht uns nicht nervös“, sagte er.

Dabei hätte er allen Grund dazu. Nach Informationen aus Branchenkreisen plant Karstadt, Apotheken in ausgewählte Kaufhäuser zu integrieren. Internet-Apotheken würden dieses Angebot sehr gut ergänzen. Da Mycare nach Angaben des Geschäftsführers Christian Buse einen Exklusiv-Vertrag mit Karstadt geschlossen hat, dürfe es für Wettbewerber schwer werden, mitzuhalten. Neben Karstadt bereiten sich Kreisen zufolge auch die Einzelhändler Metro und Marktkauf, der Pharmagroßhändler Gehe und der Dienstleister Sanvartis konkret darauf vor, dass das Fremdbesitzverbot fällt.

Der Apothekerverband ABDA befürchtet, dass Karstadt durch die Kooperation mit Mycare schon jetzt das Fremdbesitzverbot aushebelt. „Wir werden prüfen, ob Karstadt nicht tatsächlich als Versandapotheke auftritt“, sagte ABDA-Sprecher Esser. Karstadt-Sprecher Martin Schleinhege bestritt das. Karstadt sei an Mycare nicht finanziell beteiligt. Das bestätigte auch Mycare-Chef Buse. Beide Unternehmen haben auf ihren Portalen je einen Link zum Partner geschaltet. Mycare, die Versandtochter der Wittenberger Robert-Koch-Apotheke, wirbt damit, dass rezeptfreie Medikamente um mindestens zehn Prozent günstiger sind als in der normalen Apotheke. Für rezeptpflichtige Produkte gilt der gleiche Preis.

Bis Jahresende erwartet Mycare-Chef Buse einen Euro-Umsatz „im siebenstelligen Bereich“. Karstadt bekommt für jeden Besucher eine Provision. Schon jetzt ist daran gedacht, die Kooperation auszuweiten: Karstadt will nach Angaben seines Sprechers bald Allergiker-Matratzen und Sportartikel über Mycare vertreiben.

Maren Peters

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