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"Kartell der Plattmacher“: Insolvenzverfahren: Kritik wird plattgemacht

"Kartell der Plattmacher“: Wie ein Buch über Insolvenzverwalter aus dem Handel verschwunden ist.

Berlin - Hans Haarmeyer hatte das Manuskript gelesen und sich gefreut, dass endlich Ross und Reiter genannt werden. „Viele Namen sind dann rausgefallen, das fand ich schade“, sagt der Remagener Professor für Insolvenzrecht. Doch für juristische Auseinandersetzungen reichen die wenigen Insolvenzverwalter, die genannt werden: Das erst im Februar bei Econ erschienene Buch „Kartell der Plattmacher“ ist nicht mehr im Handel, weil der Aachener Insolvenzverwalter Rolf- Dieter Mönning eine entsprechende einstweilige Verfügung erwirkt hat.

Ihm geht es um sieben Zeilen auf Seite 50 und die Frage, wie ein Bild aus den Geschäftsräumen des Textilhändlers Siso bei ihm landete. „Von Mitnehmen kann überhaupt keine Rede sein“, sagt Mönnings Sprecher Holger Voskuhl auf Anfrage. Dieser Vorwurf sei „einfach nicht wahr“. Im Gegenteil: „Er hat das Bild von den beiden damaligen Geschäftsführern geschenkt bekommen, auch im Namen der Belegschaft.“ Gleichwohl habe Mönning das Bild inzwischen zurückgegeben.

Die Auseinandersetzung über die sieben strittigen Zeilen täuscht über den brisanten Kern des Buches hinweg. Verlagsleiter Jürgen Diessl spricht von einer Systemanalyse, und das trifft es wohl. Es ist ein gewachsenes System, in dem Menschen weitreichende Entscheidungen über Unternehmen und deren Beschäftigte treffen, ohne dass ihre Eignung nach einheitlichen Maßstäben geprüft würde. Auch die Honorierung von Insolvenzverwaltern ist intransparent; aus der Insolvenzmasse der Firmen fließen häufig neben den gesetzlichen Regelsätzen erhebliche Zuschläge und Honorare.

Buchautor Andree Wernicke schildert die Tricks der Branche mit Sachkunde und Leidenschaft. Er war mehr als 20 Jahre als Insolvenzverwalter aktiv, bis er nach eigener Darstellung mit den zuständigen Richtern in München über Kreuz lag und sich aus dieser Tätigkeit verabschiedete. Heute berät er Unternehmen bei der Sanierung und lehnt direkte Insolvenzmandate ab.

Hans Haarmeyer, der für das Buch ein Nachwort geschrieben hat und als früherer Richter die andere Seite kennt, fordert ein Zulassungsverfahren für Insolvenzverwalter. Denkbar seien auch eigene Insolvenzkammern bei den Industrie- und Handelskammern. „Der Schwachpunkt sind die Gerichte“, sagt er. „Der Justizapparat ist völlig überfordert.“

Das Buch soll demnächst in überarbeiteter Form erscheinen. Schon jetzt regt der Streit die Nachfrage an. Eigentlich hatte es 16,95 Euro gekostet, aber beim Onlinebuchhändler Amazon liegen gebrauchte Exemplare zwischen 150 und 270 Euro. 1500 Prozent Gewinn – das dürfte sogar Insolvenzverwalter beeindrucken. Moritz Döbler

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