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Wirtschaft: Kartellamt prüft Absprachen gegen Dosenpfand

Verein Pro Mehrweg wirft Handelskonzernen vor, auf Einweg zu verzichten, um das Gesetz doch noch zu Fall zu bringen

Berlin (hop). Die meisten großen Handelskozerne sollen sich im vergangenen Februar darauf verständigt haben, Getränkeeinwegverpackungen aus ihren Regalen zu verbannen – und so das Einwegpfand zu hintertreiben. Der Verein Pro Mehrweg hat eine Beschwerde darüber beim Bundeskartellamt eingereicht. Eine Sprecherin des Amts bestätigte am Freitag einen entsprechenden Bericht der „Financial Times Deutschland“. Es werde geprüft, ob es einen Anfangsverdacht für eine Kartellabsprache gebe. Albrecht von Truchseß, Sprecher des Handelskonzerns Metro, bestritt die Vorwürfe: „Es hat definitiv keine Absprachen gegeben.“

Die Beschwerde hat Pro Mehrweg, in dem rund 200 Brauereien, Getränkefirmen, Getränkehandels und Umweltverbände Mitglieder sind, bereits vor einer Woche eingereicht. Die Prüfung wird jedoch nach Einschätzung des Vereins wegen der Komplexität der Vorwürfe noch einige Zeit in Anspruch nehmen. In dem fünfseitigen Brief an das Kartellamt, der dem Tagesspiegel vorliegt, schreibt Pro Mehrweg: „Es besteht der dringende Verdacht, dass die Einwegauslistungen großer Lebensmittelkonzerne offenbar abgestimmt sind und zu dem Zweck der Abschaffung der Pfandpflicht erfolgen.“

Das Einwegpfand, bei dem ab dem 1. Oktober eine generelle Rücknahmepflicht von Einwegverpackungen steht, wird derzeit von der EU-Kommission geprüft. Binnenmarktskommissar Fritz Bolkestein will ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten, weil das Einwegpfand den zwischenstaatlichen Handel in der EU behindere. Ausländische Anbieter seien in Deutschland im Nachteil, weil sie einen überdurchschnittlich hohen Einweganteil hätten. Anders würde die Situation aussehen, wenn sich der Handel auf ein gemeinsames System für die Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen geeinigt hätte. Um aber den rechtlichen Druck auch aus der EU möglichst groß werden zu lassen, hätten die großen Handelsketten die aktuelle Situation herbeigeführt – so der Verdacht von Pro Mehrweg. Edeka und Metro werden ab dem 1. Oktober Einwegverpackungen nicht mehr anbieten. Andere Handelsketten und große Discounter wie Lidl und Aldi haben sich dazu entschlossen, Insellösungen – zum Beispiel durch die Entwicklung eigener Flaschenformen – bereitzustellen.

Metro-Sprecher Truchseß sagte dem Tagesspiegel: „Die Kunden kaufen keine Einwegverpackungen mit Pfand mehr.“ Dass Metro-Töchter wie Real auf Einwegverpackungen verzichteten, habe deshalb „nichts mit einem Boykott des Pfandsystems zu tun. Wir bieten sie nicht mehr an, weil es keinen Sinn mehr macht.“ Er fügte hinzu: „Niemand kann einem Unternehmen vorschreiben, Einweg anzubieten.“

Das sieht auch Pro Mehrweg so – schließlich ist sein Ziel, dass möglichst viele Getränke in Mehrwegverpackungen verkauft werden –, doch befürchtet der Verein, dass die EU von den Konzernen Gründe in die Hand gespielt bekommt, das Dosenpfand in Deutschland wieder zu kippen. Deshalb hat der Verein auch seine Anstrengungen in Brüssel verstärkt. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe und Beiratsmitglied von Pro Mehrweg, sagte dem Tagesspiegel, dass es Belege dafür gebe, dass durch das Pfand der Handel in der EU nicht behindert werde. So hätten französische Mineralwässer ihren Marktanteil in diesem Jahr um 15 Prozent ausgeweitet – und Aldi habe jetzt ein belgisches Bier in die Regale genommen.

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