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Wirtschaft: Kartellamt will mehr von Springer

Nur ein Verkauf von Pro 7, Sat 1 oder der „Bild“-Zeitung könnte die Behörde bei den Fernsehplänen des Konzerns umstimmen

Berlin – Das Bundeskartellamt hat am Freitag erneut angekündigt, die Übernahme von ProSieben Sat 1 durch Axel Springer zu untersagen. Dem Konzern räumte die Bonner Behörde eine weitere Frist bis zum 12. Januar um 12 Uhr ein, um sich zu dem Verfahren noch einmal zu äußern. Am 20. Januar wird sie endgültig entscheiden, ob Europas größtes Zeitungshaus die größte deutsche Fernsehfamilie kaufen darf.

Am Mittwoch hatte der Verlag von „Bild“ und „Welt“ dem Kartellamt mitgeteilt, zu welchen Auflagen er bereit wäre, um die Fusion genehmigt zu bekommen. Für den Fall, dass diese Auflagen „wider Erwarten“ nicht ausreichen, um die Bedenken auszuräumen, erbaten die Springer- Anwälte Hinweise, welche Alternativen zu einer Freigabe führen könnten. Dazu äußerte sich das Kartellamt insofern, als es in seinem Zwischenbescheid schreibt, Springer habe ja bereits im Vorfeld ausgeschlossen, die „Bild“-Zeitung oder einen der großen Sender (Pro 7 oder Sat 1) zu verkaufen. Insofern sehe sie nach derzeitigem Kenntnisstand keine Möglichkeit, eine Untersagung des Vorhabens abzuwenden. Springer-Sprecherin Edda Fels bestätigte den Eingang der Abmahnung. Darüber hinaus wollte sie jedoch keine Stellung nehmen.

Nur 48 Stunden zuvor hatte sich Springer zu Auflagen bereit erklärt, falls die Übernahme dadurch erlaubt würde. Dazu gehörte der Verkauf sämtlicher gemeinsamer Beteiligungen mit RTL-Eigentümer Bertelsmann in den Bereichen Hörfunk, Pressevertrieb und Druck. Mit der Entflechtung wollte Springer die Bedenken ausräumen, zwischen den Sendern von RTL und denen von ProSieben Sat 1 bestünde nach der Fusion ein wettbewerbsloses Duopol zweier Konzerne, die auf weiteren Geschäftsfeldern Partner sind und daher jede Konkurrenzsituation meiden. Die Absicht zur Entflechtung bezeichnet das Kartellamt nun zwar als beachtlich. Es beharrt jedoch darauf, dass die Symmetrien zwischen Bertelsmann und Springer nach der Fusion weiter angeglichen und der Wettbewerb somit vermindert würde.

Weiterhin hatte Springer angeboten, in den Sendelizenzen mehrere Verbote zu verankern, die verhindern, dass die Sender und das Boulevardblatt „Bild“ voneinander inhaltlich oder werblich profitieren könnten. Über diese Lizenzauflagen sollten die Landesmedienanstalten wachen, die bei Verstößen mit Sanktionen wie einer Geldbuße oder gar dem Lizenzentzug reagieren könnten. Auch dies lehnt das Kartellamt ab. Die Aufsicht durch Landesmedienanstalten käme einer laufenden Verhaltenskontrolle gleich, was kartellrechtlich unzulässig ist. Zudem sei das Kartellamt im Gespräch mit den Landesmedienanstalten zum Schluss gekommen, dass die Sanktionsmöglichkeiten unzureichend seien.

Ebenso wenig beeindruckt zeigte sich die 6. Beschlusskammer der Bonner Behörde von der Liste mit mehreren potenziell veräußerbaren Beteiligungen und Zeitschriften („Hörzu“, „Maxim“). An ihnen hatte sie sich zu keinem Zeitpunkt gestört. Insofern könnte ihr Verkauf die wahren Bedenken auch nicht ausräumen.

Da der Verkauf von „Bild“ – die zentrale Ertragssäule des Konzerns – von Springer niemals erwogen würde, bleiben dem Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner neben dem Verzicht auf die TV-Pläne zwei Möglichkeiten. Entweder er riskiert die Untersagung, die ihm auch im parallel vor den Medienwächtern laufenden Verfahren droht. Dann müsste er einerseits auf eine Sondergenehmigung durch Wirtschaftsminister Michael Glos hoffen, um das Kartellamt auszuhebeln, und andererseits auf die Landesmedienanstalten, die die Medienwächter überstimmen könnten. Die andere Möglichkeit: Springer zerschlägt die TV-Gruppe und verzichtet auf Pro 7 oder auf Sat 1. Damit könnte Döpfner in beiden Verfahren mit einer Erlaubnis rechnen. Bei Springer heißt es, vielleicht gebe es noch eine dritte Lösung. Wie sie aussehen soll, weiß im Konzern wohl selbst noch keiner.

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