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Wirtschaft: Kartellamt wirft Versicherern Preisabsprachen vor

Industrieversicherungen könnten überteuert gewesen sein / Unternehmen bilden erste Rückstellungen

Berlin (hop). Eine Reihe von Versicherern hat sich wahrscheinlich in den vergangenen Jahren bei den Preisen für Industrieversicherungen abgesprochen. Davon geht das Bundeskartellamt (siehe Lexikon) aus. An insgesamt sieben Konzerne – darunter der Branchenführer Allianz – seien Anfang der Woche Beschuldigungsschreiben verschickt worden, teilte die Behörde am Dienstag mit. Die Unternehmen hätten nun Gelegenheit, Stellung zu nehmen. „Es können noch weitere Briefe folgen“, sagte Kartellamtssprecherin Anja Scheidgen dem Tagesspiegel. Sie machte allerdings keine Angaben, welche Versicherer noch mit Post rechnen müssen.

Das Kartellamt hatte vor einem Jahr Versicherungsunternehmen an 13 Standorten durchsucht. Eine genaue Zahl der Versicherer teilte die Behörde nicht mit. Die Behörde verdächtigt die Firmen, seit einer Fachausschusssitzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am 1. Juli 1999 illegale Preisabsprachen getroffen zu haben. Die Auswertung der Unterlagen, die bei den Durchsuchungen sichergestellt wurden, habe nun „den Verdacht der Kartellabsprache beziehungsweise des abgestimmten Verhaltens erhärtet“.

Es sei noch zu früh, über die Höhe der Bußgelder zu sprechen, sagte Kartellamtssprecherin Scheidgen. Laut Gesetz könnten sie das Dreifache der auf Grund der Absprachen erzielten Mehreinnahmen betragen. Das sei aber nur selten der Fall. Außerdem gebe es auch noch keine Schätzungen, wie hoch der Schaden sei.

Die Allianz räumte ein, dass es unabsichtliche Verstöße gegen Kartellregelungen gegeben haben könnte. „Das können wir nicht kategorisch ausschließen“, sagte AllianzSprecher Wolfgang Heilmann dem Tagesspiegel. Denn im Industriegeschäft teilen sich oft mehrere Versicherer das Risiko. Und dabei würde auch über Preise gesprochen, sagte Heilmann. Als Reaktion auf die Durchsuchungen im vergangenen Jahr habe der Konzern Wettbewerbsbeauftragte installiert, um Verstöße gegen Kartellbestimmungen zu vermeiden. Außerdem wurden Rückstellungen für mögliche Bußgelder gebildet, sagte Heilmann. Die Höhe wollte er nicht nennen.

Neben der Allianz sind Briefe auch an die Versicherer Axa, Aachener und Münchener, Gothaer, Victoria, Gerling und HDI verschickt worden. Für den HDI sei die Untersuchung überraschend, hieß es bei dem Versicherer. Schließlich sei der HDI von den Durchsuchungen im vergangenen Jahr nicht betroffen gewesen. Den Vorwurf von rechtswidrigen Absprachen wies die Versicherung zurück. Gerling und Axa wiederum haben wie die Allianz bereits Rückstellungen gebildet – aber nur für die möglichen Verfahrenskosten. Die Victoria-Versicherung hat nach Angaben einer Sprecherin keine Rückstellungen gebucht. Sie wollte – wie die Gothaer – zunächst keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen. Ein Sprecher der Mutter der Aachener und Münchener, AMB Generali, zeigte sich gelassen. Schon Anfang 2002 habe der Konzern beschlossen, sich aus dem Geschäft mit Industrieversicherungen zurückzuziehen, weil es sich nicht gelohnt habe.

Denn trotz der jüngsten Vorwürfe haben Industrieversicherungen in Deutschland den Konzernen nach Angaben des GDV in den vergangenen Jahren „satte Verluste“ gebracht. Die Versicherer kassierten laut GDV im vergangenen Jahr etwa 5,8 Milliarden Euro Prämien für Feuer-, Sach- und Gebäudeversicherungen und für den Ausgleich von Produktionsausfällen bei Industrie- und Gewerbebetrieben. Die Auszahlungen zur Schadensregulierung und die Kosten für die Verwaltung hätten die Einnahmen im Gewerbe um 14 Prozent und bei großen Industriebetrieben sogar um 24 Prozent überstiegen. In den Jahren zuvor habe sich ein ähnliches Bild geboten. Und auch die Preiserhöhungen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 brachten laut GDV keine wesentliche Änderung der Lage.

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