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Wirtschaft: Kartellnovelle unter starkem Beschuß

SPD-Fraktion fordert Korrekturen / Auch Wirtschaftsverbände unzufrieden / Heute Anhörung BONN (uhl/HB).Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Schwanhold, hat eine wirksamere Bekämpfung der Nachfragemacht des Handels gefordert.

SPD-Fraktion fordert Korrekturen / Auch Wirtschaftsverbände unzufrieden / Heute Anhörung BONN (uhl/HB).Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Schwanhold, hat eine wirksamere Bekämpfung der Nachfragemacht des Handels gefordert.Die "ausufernden Mißbräuche" gegenüber kleinen und mittleren Herstellern und Zulieferern werde die SPD nicht länger hinnehmen, erklärte der Sozialdemokrat im Vorfeld der Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages über die 6.Kartellnovelle am heutigen Montag. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt will mit dieser umfangreichen Änderung das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), das "Grundgesetz der Marktwirtschaft", in wichtigen Punkten an das EU-Recht anpassen.So werden zum Beispiel Kartelle ausdrücklich verboten und nicht erst ihre Praktizierung.Verboten wird auch der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.Fusionen ab einem Umsatz von 1 Mrd.DM müssen künftig vor dem Vollzug beim Bundeskartellamt angemeldet werden.Die Ausnahmevorschriften für Landwirtschaft, Banken, Versicherungen und Verkehr werden deutlich reduziert. Außerdem enthält die Novelle einen Ausbau des Mittelstandsschutzes durch die Ahndung von Verkäufen unter Einstandspreis, die Beibehaltung von Konditionenkartellen, die Erweiterung der Spielräume von Einkaufskooperationen und die Einführung eines speziellen Antragsverfahrens zur Unterbindung von allein durch Marktmacht erzwungenen Vorzugskonditionen. Schwanhold hält diese Vorhaben vor allem wegen der bedrohlichen Konzentration im Handel für "völlig unzureichend".Deshalb müsse das Verbot von Verkäufen unter Einstandspreisen und von Diskriminierungen verschärft, die Kooperationsmöglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen zusätzlich erleichtert und eine handelsspezifische Fusionsregelung eingeführt werden. Außerdem seien die bisherigen Vermutungstatbestände bei der Mißbrauchsaufsicht von marktbeherrschenden Unternehmen und bei der Fusionskontrolle beizubehalten.Bei der Erlaubnis von Fusionen, die aus wettbewerbsrechtlichen Gründen vom Bundeskartellamt untersagt wurden, müsse der Bundeswirtschaftsminister bei der Abwägung der gesamtwirtschaftlichen Genehmigungsaspekte künftig ausdrücklich auch Arbeitsmarktgesichtspunkte berücksichtigen.Falls die Koalition auf diese "Essentials" nicht eingehe, werde die SPD-Fraktion gegen den Gesetzentwurf stimmen und sich "nach der Regierungsübernahme" eine Korrekturnovelle vorbehalten, betonte Schwanhold.Die SPD-Bundesratsmehrheit hat die Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion bisher nicht übernommen.Die Länder verlangen nur eher technische Änderungen, etwa das Schrifterfordernis für Vertikalverträge.Die Kartellnovelle unterliegt der Zustimmungspflicht durch die Länderkammer. In Wirtschaftskreisen werden Schwanholds Wünsche als "Gruselkatalog" bezeichnet.Aber die Unternehmensverbände halten auch Rexrodts Entwurf nach wie vor für unzureichend.Denn die fortschreitende Globalisierung werde darin nicht berücksichtigt."Dadurch werden besonders mittelgroße Unternehmen benachteiligt", meint der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).Während europa- und weltweit agierende Unternehmen den günstigeren EU-Bestimmungen unterlägen, müßten sich die vor allem auf dem heimischen Märkten operierenden kleineren Unternehmen weiterhin mit einer "hohen Regulierungsdichte" herumschlagen.Das Kartellrecht werde damit zu einem zusätzlichen Standortnachteil. Auch der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) beklagt, daß künftig "David verwehrt wird, was Goliath ungehindert tun darf".Der Gesetzentwurf sei eine "Verschärfungsnovelle".Rexrodt habe sich im EU-Recht nur dort bedient, wo es strenger sei als das deutsche.Das geplante Verbot von Verkäufen unter Einstandspreis sei eine "mittelstandspolitische Beruhigungspille", die sich bei näherem Hinsehen als wirkungslos entpuppe.Positiv wertet der DIHT die größeren Handlungsspielräume für die Verbundgruppen des Handels.Das werde kleineren Firmen das Überleben im Wettbewerb mit den großen Filialisten erleichtern.Anzuerkennen sei zudem, daß das bisher völlig zerklüftete GWB erheblich übersichtlicher und verständlicher gemacht werde.

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