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Wirtschaft: Kassen drohen mit steigenden Beiträgen

Ausgaben für Medikamente dürften 2005 um ein Fünftel steigen – In Berlin sind die Rezepte besonders teuer

Berlin - Den gesetzlich Versicherten drohen erneut steigende Beitragssätze. Höhere Ausgaben für Arzneimittel und Krankenhäuser könnten zu einer Anhebung der durchschnittlichen Beitragssätze im ersten Quartal kommenden Jahres führen, wenn es nicht zu einer deutlichen Begrenzung der Ausgaben käme, sagte Wolfgang Schmeinck, der Vorsitzende des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK), am Dienstag in Berlin. Eine Anhebung des Durchschnittsbetrages in diesem Jahr schloss er aber aus.

Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse, Ingo Kailuweit, hatte dagegen vor zwei Wochen im Tagesspiegel schon für dieses Jahr vor leicht steigenden Beiträgen bei den Kassen gewarnt. Auch das „Handelsblatt“ berichtet unter Berufung auf Kassenkreise, dass Beitragserhöhungen bei einzelnen Kassen in diesem Jahr nicht auszuschließen sind. Vor allem einige große Versorgerkassen stünden vor dem Problem, dass sie wegen wieder steigender Ausgaben aufgelaufene Schulden nicht im gesetzlich vorgegebenen Umfang abbauen könnten. Als Beispiele wurden die DAK, die Novitas-BKK und die AOKen Baden-Württemberg und Niedersachsen genannt.

Der Druck auf die Beiträge steigt vor allem deshalb, weil Kassen für Arzneimittel, die 15 Prozent ihre Gesamtausgaben ausmachen, in diesem Jahr deutlich mehr Geld ausgeben müssen als im Vorjahr. Nach Angaben des BKK-Bundesverbandes, der bei den Kassen federführend für die Arzneimittel zuständig ist, werden die Ausgaben für Pillen 2005 um bis zu 19 Prozent steigen. Im ersten Halbjahr betrug der durchschnittliche Anstieg 20,1 Prozent. Das macht für 2005 ein Ausgabenplus von bis zu vier Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. In den Haushaltsplänen der Kassen sind nach Angaben von BKK-Chef Schmeinck aber nur 1,2 Milliarden Euro an Mehrkosten für Medikamente vorgesehen. Zudem müssten die Kassen für Krankenhäuser in diesem Jahr vermutlich 1,1 Milliarden Euro mehr ausgeben als ursprünglich kalkuliert, sagte Schmeinck.

Nur ein Teil der Mehrausgaben werde durch höhere Zuweisungen aus der Tabaksteuer (1,5 Milliarden Euro), Kostensenkungen (eine Milliarde Euro) sowie Einsparungen beim Krankengeld und dem Zahnersatz (zusammen 1,1 Milliarden Euro) ausgeglichen.

Ein Grund für die gestiegenen Arzneimittelausgaben ist nach Angaben des KBB-Chefs der von 16 auf sechs Prozent gesenkte Rabatt der Hersteller an die Kassen. Er machte aber auch die Ärzte für den Anstieg verantwortlich. Obwohl sie versprochen hätten, den Anstieg zu begrenzen, seien im ersten Halbjahr acht Prozent mehr Medikamente verordnet worden als im Vorjahreszeitraum, sagte Schmeinck. Spitzenreiter ist Berlin, wo die Durchschnittskosten je Verordnung – auch wegen der überdurchschnittlich hohen Zahl an chronisch kranken Patienten – bundesweit am höchsten waren. Eine nachvollziehbare Erklärung für den Mengenanstieg gebe es nicht, sagte Schmeinck. Ein Teil sei aber darauf zurückzuführen, dass Ärzte oft neue, teure Medikamente verschrieben, die keinen erkennbaren Vorteil gegenüber älteren Mitteln bieten.

Die Ärzte wiesen den Vorwurf zurück. „Es kann nicht sein, dass Jahr für Jahr immer nur die Ärzte am Pranger stehen“, sagte Ulrich Weigeldt, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Erst vor zwei Wochen waren Gespräche mit den Kassen überMaßnahmen zur Kostendämpfung gescheitert. Sie sollen aber wieder aufgenommen werden.

Die Kassen geben aber auch den Pharmaunternehmen eine Mitschuld an den steigenden Kosten. Für jede verkaufte Pillenpackung schenkten sie den Apothekern üblicherweise bis zu drei Packungen, die diese dann den Kassen in Rechnung stellten. „Der Rabattdschungel muss konsequent durchforstet werden“, sagte Herbert Rebscher, Chef der zweitgrößten Krankenkasse DAK, dem Tagesspiegel.

Maren Peters

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