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Kaufhauskette: Bund lehnt Bürgschaft für Arcandor ab

Der ums Überleben kämpfende Touristik- und Handelskonzern Arcandor kann endgültig nicht mehr mit Hilfen aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" rechnen. Der Lenkungsausschuss des Fonds lehnte einen entsprechenden Antrag auf Staatsbürgschaften ab. Nun hofft der Konzern auf einen Notkredit.

Zehntausende Mitarbeiter bangen. Die Aussichten auf ein Eingreifen des Bundes zur Rettung des von Insolvenz bedrohten Handels- und Touristik-Konzerns Arcandor stehen schlecht: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte bis zuletzt, dass im Hinblick auf finanzielle Hilfe zunächst die Anteilseigner am Zug seien. Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) schloss eine Insolvenz nicht aus, gefragt seien die beiden großen Aktionärsgruppen, zudem die Vermieter und Lieferanten. Der Karstadt-Mutterkonzern hofft dagegen auf eine Zusammenarbeit mit dem Einzelhandelsriesen Metro, der durch Staatshilfe unterstützt werden soll.

Der Lenkungsausschuss des mehr als 100 Milliarden Euro umfassenden Deutschlandfonds (auch Wirtschaftsfonds Deutschland, "Unternehmensschirm") lehnte am Vormittag einen Antrag von Arcandor auf eine Staatsbürgschaft ab. Damit verschärft sich die Lage: Am 12. Juni läuft ein 650-Millionen-Euro-Kredit an Arcandor aus. Spätestens bis dahin muss eine Lösung stehen. Nun hofft der Konzern auf einen Staatskredit: Die Entscheidung über das bereits beantragte Rettungsdarlehen von 437 Millionen Euro hat ein interministerieller Ausschuss zu treffen, wobei das Votum dann auf politischer Ebene von den zuständigen Ministerien bestätigt werden muss.

Bisher hatte es geheißen, dass Arcandor wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden müsse, wenn am Montag kein Rettungskredit zur Verfügung stehe. An der Börse brachen die Aktien am Morgen um mehr als 40 Prozent auf 1,10 Euro ein. Am Vormittag lagen die Papiere mit 25 Prozent weiter im Minus, erholten sich dann aber wieder.

Unklarheit über Warenhaus AG

Ungewiss ist auch, was aus den Überlegungen für ein Zusammengehen der Warenhaus-Ketten Karstadt und Kaufhof wird. Nach einem Krisengipfel zwischen Arcandor und der Kaufhof-Mutter Metro am Sonntag gab es Verwirrung statt der erhofften Klarheit. Metro teilte zunächst mit, man habe sich auf konkrete Gespräche zur Bildung einer Deutschen Warenhaus AG verständigt, schwächte die Formulierung aber später ab. Nun heißt es lediglich, alle Beteiligten hätten einen konstruktiven Beitrag zugesagt.

Damit ist unklar, ob die Verhandlungen weit genug fortgeschritten sind, um eine von der Politik geforderte Voraussetzung für die Bewilligung des beantragten Rettungsdarlehens zu erfüllen, wie dies Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick am Sonntag darstellte. Zugleich hatte er betont, dass auch eine gemeinsame Lösung für Karstadt Staatshilfen für den gesamten Konzern nicht ersetze. Arcandor hatte bereits zuvor darauf hingewiesen, dass auch für die Versandhandelstochter Primondo (u.a. "Quelle") mit rund 20.000 Beschäftigten eine Lösung gefunden werden müsse.

Massiver Stellenabbau befürchtet

Karstadt und Kaufhof haben zusammen mehr als 50.000 Beschäftigte, die nun einen deutlichen Stellenabbau befürchten. Nach bisheriger Einschätzung von Metro-Konzernchef Eckhard Cordes könnte die Schließung von 30 Karstadt-Filialen und 10 Kaufhof-Häusern nötig sein. Dadurch würden etwa 5000 Vollzeitstellen verloren gehen, sagte Cordes der "Bild am Sonntag".

Arcandor hat in Berlin nach eigenen Angaben ein Konzept vorgelegt, dass erhebliche Beiträge von Mitarbeitern, Eigentümern und Partnern zur Sanierung des Konzerns beinhalte. Zusammen beliefen sich diese Zugeständnisse auf fast 700 Millionen Euro, hieß es.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi rief Kanzlerin Merkel eindringlich zu staatlichen Hilfen auf. "Ohne die Hilfe der Politik geht es nicht. Die Rettungsbeihilfe muss am Montag kommen", verlangte die stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Margret Mönig-Raane zusammen mit Betriebsräten.

Die Karstadt-Beschäftigten versuchten unterdessen mit Protestaktionen, die Politik zu Hilfen zu bewegen. In Wismar besetzten sie am Sonntag symbolisch das Karstadt-Stammhaus. Am Montag wollten sie mit verhängten Schaufenstern in der ganzen Republik mahnen. Das solle den Kunden zeigen, wie ihre Innenstädte ohne Karstadt-Häuser aussehen würden, sagte die Karstadt-Betriebsrätin Gabriele Schuster. Außerdem sind in den nächsten Tagen bundesweit Mahnwachen geplant.

ZEIT ONLINE, tst, Reuters, dpa

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