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Hertie

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Kaufhauskette: Hertie vor dem Aus

Dem traditionellen Kaufhaus droht die Schließung. Der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat drängen auf einen Wirtschaftsplan, um das Unternehmen zu erhalten.

Der Warenhauskette Hertie droht wegen überhöhter Mietforderungen des britischen Eigentümers im März das Aus. Die selbst insolvente Dawnay-Day-Gruppe verlange 20 Prozent und mehr des Umsatzes als Miete - viermal soviel wie marktüblich. "Das ist unter keinen Umständen von keinem Kaufhaus zu erwirtschaften", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter der Warenhauskette, Biner Bähr, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in der Essener Firmenzentrale. Die Schließung von 19 der 73 Filialen hatte Bähr bereits am Vortag bekanntgegeben. Betroffen sind 650 der derzeit noch 3400 Mitarbeiter.

Galgenfrist bis Ende Februar

Die übrigen 54 Filialen seien dauerhaft überlebensfähig, wenn die Miete gesenkt werde und ein neuer Investor einsteige, sagte Bähr. Auf seine entsprechenden Vorschläge habe Dawnay Day aber bisher nicht reagiert. "Wenn sich das bis Ende Februar nicht ändert, muss ich die Reißleine ziehen und Hertie schweren Herzens ganz schließen", sagte er. Es gebe kurzfristig einen neuen Gesprächstermin in London.

Unterdessen bestreitet der britische Haupteigentümer von Hertie, wegen überhöhter Mietforderungen kontaktiert worden zu sein. "Weder Hertie noch Bähr hat irgendwann Dawnay Day oder BDO Stoy Hayward wegen irgendeiner Angelegenheit welcher Art auch immer angesprochen", sagte ein Kenner des Sachverhalts.

Einige Standorte erwirtschaften nicht einmal die Miete

Der weitere Hertie-Eigentümer Treveria bestätigte, dass es Gespräche mit dem Insolvenzverwalter gibt. "Die Verhandlungen über die Zukunft der Mietvereinbarungen sind immer noch am Laufen. Mit der Insolvenzverwaltung sind aber noch keine Ergebnisse erzielt worden", sagte der Treveria-Beauftragte Laurence Jones. Er wies geschäftliche Verknüpfungen mit der DDG entschieden von sich. Dazu zähle auch das DDG-Geschäftsmodell, mindestens 20 Prozent des Hertie-Umsatzes als Miete zu verlangen.

Hertie hatte im vergangenen Jahr rund 50 Millionen Euro Verlust erwirtschaftet und schreibt laut Bähr weiter rote Zahlen. Einige Standorte hätten nicht einmal ihre Miete erwirtschaftet. Das Unternehmen hatte auch 2007 bei einen Umsatz von 450 Millionen Euro rote Zahlen verzeichnet.

Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels erklärte, für einen Erhalt der restlichen Hertie-Kaufhäuser sei eine Modernisierung nötig. "Es ist sicherlich so, dass man ein Konzept aus den 50er Jahren heute nicht weiterführen kann", sagte  Verbandsgeschäftsführer Stefan Genth am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. "Es gibt sehr viele Verkaufsflächen, nicht nur in den Innenstädten. Und man muss natürlich auch eingestehen, dass seit zehn Jahren der Einzelhandelskonsum sich um die Nulllinie herum entwickelt."

Warenausverkauf in 19 Filialen bis Anfang März

Auch Bähr betonte, in den Hertie-Häusern bestehe "erheblicher Investitionsbedarf" in zweistelliger Millionenhöhe. Trotzdem habe "eine Hand voll" Investoren ihr Interesse bekundet. Voraussetzung sei aber die Senkung der Miete auf ein marktübliches Niveau. Auch das Land NRW habe Hilfe in Aussicht gestellt, falls die Miete gesenkt und ein Investor gefunden sei. "Lasst Hertie nicht sterben", appellierte der Gesamtbetriebsratschef Bernd Horn, "es wäre ein Sterben ohne Not."

In den 19 zu schließenden Häusern beginne der Waren-Ausverkauf Anfang Februar, sagte Bähr. Bis zum März soll die Schließung der Häuser abgeschlossen sein. Für diese meist kleineren Kaufhäuser gibt es nach einem umfassenden Gutachten eines Unternehmensberaters keine wirtschaftliche Zukunft. Für die 650 betroffenen Mitarbeiter werde ein Interessenausgleich verhandelt. Die Höhe der Abfindung sei aber im vorläufigen Insolvenzverfahren gesetzlich streng begrenzt und dürfe zweieinhalb Monatsgehälter nicht überschreiten. Die Mitarbeiter der 54 zunächst weiterlaufenden Häuser müssten sich mit Gehaltsverzicht an den Rettungsbemühungen beteiligen.

Hertie hatte Ende Juli vergangenen Jahres wegen der Finanzprobleme seines Eigentümers Dawnay Day Insolvenz angemeldet. Der Eigentümer hat die Warenhaus-Immobilien an eine Tochtergesellschaft übertragen, an die die Hertie GmbH Miete zahlen muss. (ml/dpa)

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