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Wirtschaft: Kaviar made in Ostdeutschland

Ein US-Unternehmen baut in Mecklenburg-Vorpommern für 30 Millionen Euro eine der größten Produktionsstätten für Störeier

Düsseldorf (ire/HB). Im Reich des Luxus, wo der Champagner bekanntlich in Strömen fließt und Kaviar pfundweise verzehrt wird, leiden die Schlemmer seit einiger Zeit an Mangelernährung. Denn die Eier der Störe – wegen ihres Kilopreises von bis zu 2500 Euro auch „schwarzes Gold“ genannt – werden immer rarer. Durch gnadenlose Jagd in ihrem Heimatgewässer, dem Kaspischen Meer, radikal dezimiert, hat auch das seit 1998 geltende Washingtoner Artenschutzabkommen nicht viel ausrichten können.

Und so blicken Kaviarliebhaber aus aller Welt hoffnungsvoll auf Demmin, eine Kleinstadt in MecklenburgVorpommern. Denn die Stadt, im idyllischen „Dreistromland“ der Flüsschen Peene, Trebel und Tollense gelegen, soll zu einem Zentrum der weltweiten Kaviarproduktion aufsteigen. An diesem Samstag werden die Honoratioren des rund 14000 Einwohner zählenden Ortes zusammen mit dem mecklenburgischen Landwirtschaftsminister Til Backhaus (SPD) den Grundstein für ein außergewöhnliches Projekt legen: Das Unternehmen Caviar Creator beginnt mit dem Bau einer 30 Millionen Euro teuren Produktionsstätte zur Gewinnung von Kaviar.

33 Tonnen Kaviar sollen bald pro Jahr die Anlage verlassen. Zum Vergleich: Deutschland importierte im Jahr 2002 rund 17 Tonnen der Delikatesse, die 15 Staaten der Europäischen Union führen bisher insgesamt rund 140 Tonnen Kaviar pro Jahr ein.

„Die Nachfrage nach hochwertigem Kaviar ist sehr groß“, sagt Frank Schaefer, Europa-Chef von Caviar Creator. Das Unternehmen wurde vor vier Jahren im US-Bundesstaat Oregon gegründet und plant den Börsengang für das Jahr 2005. Binnen sechs Jahren will Caviar Creator weltweit 20 Aquakulturanlagen bauen, davon weitere vier in Deutschland. In den zahlreichen Aufzucht- und Mastbecken der 17000 Quadratmeter großen Anlage in Demmin sollen sich schon bald bis zu 120000 Störe tummeln.

50-Gramm-Dose aus dem Internet

Als potenzielle Kunden sieht Caviar Creator Cateringbetriebe, Fluggesellschaften, Schifffahrtslinien und Feinkostgeschäfte. Den Kaviar zum Preis von 95 Euro je 50-Gramm-Dose gibt es auch im Internet. Ein Spitzenkoch wie Karlheinz Hauser vom Hamburger Süllberg-Restaurant, für seine Kochkünste mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, will vom Zuchtkaviar aber weiterhin die Finger lassen. Hauser schwört auf die Qualität iranischen Wildkaviars, der bis jetzt noch zu erschwinglichen Preisen auf dem Weltmarkt zu bekommen ist. Vielleicht ändert Hauser ja noch seine Meinung, wenn er erst einmal den Kaviar aus Mecklenburg-Vorpommern gekostet hat.

Dass Demmin den Zuschlag für die Ansiedlung der Kaviarproduzenten erhielt, ist – neben einer satten staatlichen Förderung in Höhe von 3,4 Millionen Euro – nicht zuletzt dem Engagement des Demminer Bürgermeisters Ernst Wellmer zu verdanken. In zwei Monaten schaffte es Wellmer, das Vorhaben von den anfänglichen Gesprächen bis zur Erteilung der ersten Teilbaugenehmigung durch die behördlichen Instanzen zu bringen. Schließlich ist in einem Landkreis, in dem die Arbeitslosenquote bei 31 Prozent liegt, jeder der 30 zusätzlichen Arbeitsplätze mindestens so viel Wert wie der Kaviar, der hier künftig produziert werden soll. Wellmer jedenfalls träumt schon von einem „Fischkompetenzzentrum“ in Demmin, schließlich gibt es hier schon 34 Wildfischarten – und bald auch Störe.

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