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Arbeitskampf. Rund 1500 Vattenfall-Beschäftigte demonstrierten am Montag vor der schwedischen Botschaft für den Erhalt ihrer Jobs. Foto: dpa

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Wirtschaft: Kein Abzug in die Provinz

Nach heftigen Protesten der Mitarbeiter verzichtet Vattenfall auf die Ausgliederung seines Kundendienstes.

Berlin - 2500 Watt. Die Lautsprecheranlage, die die Vattenfall-Mitarbeiter aufgebaut hatten, sollte dem Botschafter das Knäckebrot aus der Hand fegen, ulkte einer. Rund 1500 Berliner Angestellte des schwedischen Staatskonzerns sind am Montag vor das Haus der Nordischen Botschaften in Berlin-Tiergarten gezogen. „Sorgen Sie dafür, dass Ihre Regierung den Vattenfall-Konzern bändigt und Schluss macht mit den Horrorszenarien“, rief ein Redner an den Botschafter gerichtet ins Mikrofon.

Anlass dieser Äußerung war eine ältere Drohung der Geschäftsführung, die beiden Service-Standorte in Hamburg und Berlin mit insgesamt rund 900 Mitarbeitern aufzugeben – zugunsten eines neuen Callcenters in der Niedriglohn-Provinz. Auch ein Verkauf der Abteilungen stand im Raum. Als Argument hatte Personalvorstand Udo Bekker bereits vor Monaten behauptet, man könne diese Leistung „bis zu 50 Prozent günstiger“ extern einkaufen.

Die Gewerkschaft Verdi wies das stets zurück, sowie auch Angaben, Kundenbetreuer am Telefon würden im Schnitt 70 000 Euro im Jahr verdienen. Die Devise heißt Defensive: „Hier geht’s nach dem Prinzip des Manchesterkapitalismus, bei dem Manager uns um Jahrzehnte zurückwerfen wollen“, rief ein Betriebsrat ins Mikrofon. Dabei sind sich Vattenfall und die Gewerkschaften offenbar schon viel näher, als es auf der Demo klang: Wie der Tagesspiegel aus Kreisen des Unternehmens und der Mitarbeitervertreter hörte, hat Vattenfall den Plan, die Standorte Hamburg und Berlin zu schließen, bereits aufgegeben. Auch auf betriebsbedingte Kündigungen will das Unternehmen offenbar verzichten.

Eine Einigung sei noch nicht erzielt worden, sagte Vattenfall-Sprecher Stefan Müller. Aber: „Bei den wesentlichen Punkten zu einer eventuellen Neuausrichtung des Kundenservice unter eigener Regie wurde aber ein guter Arbeitsstand erreicht und es besteht der gemeinsame Wille, die Verhandlungen fortzusetzen“. Der Konzernvorstand in Schweden will am heutigen Dienstag über eine weitere Verhandlungsrunde beraten.

Dass es einen Stellenabbau – wenn auch sozial verträglich – geben wird, scheint gleichwohl sicher. Theoretisch wäre auch möglich, dass mancher zur Konkurrenz wechselt: Der Energie-Händler Flexstrom teilte gestern mit, er suche „mehrere hundert Mitarbeiter“ für ein neues Servicecenter in Berlin-Marienfelde. Was die Firma zahlen will, sagte sie allerdings nicht. Kevin P. Hoffmann

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