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Wirtschaft: Kein Ende im Pay-TV-Streit in Sicht

Bertelsmann und Kirch wollen der Deutschen Telekom offenbar keine Schlüsselrolle beim Netzzugang einräumen MÜNCHEN/BERLIN (tmh).Die Zukunft des Digital-Fernsehens in Deutschland nimmt nun offenbar endgültig Gestalt an.

Bertelsmann und Kirch wollen der Deutschen Telekom offenbar keine Schlüsselrolle beim Netzzugang einräumen MÜNCHEN/BERLIN (tmh).Die Zukunft des Digital-Fernsehens in Deutschland nimmt nun offenbar endgültig Gestalt an.Nachdem sich die beiden rivalisierenden Konzerne Kirch und Bertelsmann jüngst darauf geeinigt haben, die Macht beim Bezahl-Sender Premiere paritätisch zu teilen und als Empfängergerät beim Digital-TV auf den Kirch-Dekoder d-box zurückzugreifen, liegt nun auch in der Frage der technischen Zugangskontrolle eine Einigungsmöglichkeit auf dem Tisch.Danach gründet die Deutsche Telekom unter Ausschluß von Bertelsmann, Kirch oder anderen Programmanbietern eine Gesellschaft, die die Einspeisung von Digital-TV ins Kabel kontolliert.Damit wäre kartellrechtlichen Bedenken weitgehend Rechnung getragen und auch juristisch der Weg für digitale Bezahlkanäle frei. Eine Sprecherin des Bundeskartellamts bestätigte, daß mit einer solchen Konstruktion der Hauptkritikpunkt der Kartellwächter gegenstandslos sein könnte.Noch sei es aber zu früh, Entwarnung im Digital-Streit zu geben.In jedem Fall müsse man schriftliche Vereinbarungen zwischen Bertelsmann, Kirch und der Deutschen Telekom abwarten, sich deren Ausgestaltung genau ansehen und dann entscheiden.Die Sprecherin verwies auf einen ähnlich gelagerten Fall, als die EU-Wettbewerbsbehörde 1994 gegen die technische Zugangsgesellschaft Media Service ihr Veto einlegte, weil dort neben der Telekom auch Bertelsmann und Kirch als Programmanbieter vertreten sein sollten.Für die Kartellbehörden sei es wichtig, "daß nicht alle in einer Gesellschaft sitzen," betonte die Berliner Sprecherin. Bei Kirch und Bertelsmann will man derzeit nur Gespräche mit der Deutschen Telekom bestätigen.Zur angeblichen Vereinbarung bei der technischen Zugangskontrolle oder auch nur Verhandlungsposititonen äußerte sich auch auf Anfrage keiner der Beteiligten.Kommende Woche werde es Gespräche auf Chefebene geben, hieß es bei Bertelsmann.Ziel sei es, für den Zugang zu den digitalen Bezahlkanälen ein neutrales und unabhängiges Gremium zu schaffen.Auf dieser Verwaltungsebene würden künftig weder Kirch noch die Ufa, die im Bertelsmann-Konzern das TV-Geschäft managt, Geld verdienen.Eine baldige Einigung sei nicht in Sicht.Noch zurückhaltender kommentierte ein Kirch-Sprecher die angebliche Lösung mit der Deutschen Telekom.Kirch hoffe angesichts konstruktiver Gespräche auf eine rasche Einigung.Zu Details wollen die Münchner erst nach formellen Vertragsabschlüssen Stellung nehmen. Bei der technischen Zugangskontrolle geht es um die Frage, wer kontrollieren darf, welche Sender zu welchen Konditionen die digitalen Kanäle belegen können.Bedenken gab es dabei immer wieder über eine maßgebliche Beteiligung der Kirch-Gruppe oder einen Schulterschluß mit Bertelsmann auf dieser Ebene.Es soll aus kartellrechtlicher Sicht verhindert werden, daß private Programmanbieter über digitale Zugangsrechte von Konkurrenten wie etwa den öffentlich-rechtlichen Sendern, entscheiden können.Wenn einzelne TV-Sender mit der Zugangskontrolle zudem Geld verdienen könnten, ihre Konkurrenten aber von dieser Verdienstquelle abgeschnitten würden, wären auch finanzielle Wettbewerbsverzerrungen die Folge.Deshalb soll aus Sicht des Kartellamts eine unabhängige Organisation, die selbst nicht Programmanbieter ist, die Digitalkanäle verwalten und regeln.Die Deutsche Telekom wäre dazu prädestiniert.Auch von einer Mißbrauchskontrolle durch die Landesmedienanstalten ist die Rede. Spekuliert wird in Branchenkreisen aber auch die Möglichkeit, daß die Kirch-Gruppe nur vordergründig den Digital-Streit beigelegt hat, um für den derzeit laufenden Börsengang des Privatsenders Pro 7 gute Stimmung zu machen.Dieser drittgrößte Privatsender Deutschlands geht mit Vorzugsaktien an die Börse und wird von Thomas Kirch kontrolliert, dem Sohn des Medienkaufmanns Leo Kirch.Wenn der Börsengang erfolgreich verläuft spült er rund 900 Mill.DM in die Familienkasse.Mit dem Geld im Rücken könnte die finanziell mutmaßlich auf ausgereizten Kreditlinien sitzende Kirch-Gruppe wieder neuen Spielraum im Ringen um das Digital-Fernsehen gewinnen.Zwischen Kirch und Bertelsmann war seit 1993 schon sechs Mal von einer angeblichen Einigung die Rede, die dann immer widerrufen wurde.Im aktuellen Fall geht man bei Bertelsmann aber nicht von einem taktischen Manöver Kirchs zugunsten von Pro 7 aus."Ich glaube es nicht," meinte ein Insider aus dem Bertelsmann-Konzern.Es gebe diesmal bereits schriftliche Vereinbarungen. Zum Streit um das überlastete TV-Kabelnetz erklärte die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am Freitag, die Telekom werde ihre Zusage einhalten und im überfüllten Kabelnetz zwei neue Plätze ohne Bedingungen freigeben und der DLM das volle Recht zur Belegung erteilen.

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