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Wirtschaft: Kein Geld mehr mit der Kohle

Die Kraftwerke rentieren sich immer weniger

Berlin - Die Energiekonzerne ziehen sich in Deutschland zusehends aus der Kohlestromerzeugung zurück. Anfang dieser Woche erklärte das französische Unternehmen GDF Suez, man werde das in Stade geplante Kohlekraftwerk nicht bauen. Vattenfall, Eon, EnBW, der dänische Konzern Dong Energy und auch regionale Unternehmen machten in den vergangenen Monaten Rückzieher bei der Umsetzung von Kraftwerksprojekten. Damit sind in den vergangenen zwölf Monaten sieben Großprojekte abgesagt worden.

Auslöser für den Rückzug der Energiekonzerne aus vielen Kohlekraftwerksprojekten sind einerseits Proteste von Bürgern vor Ort. Immer häufiger geben aber auch wirtschaftliche Erwägungen den Ausschlag. Angesichts des rasant wachsenden Anteils erneuerbarer Energien, deren Aufkommen stark schwankt, wird es immer schwieriger, ein Kohlekraftwerk über lange Zeiträume im Volllastbetrieb zu fahren. Das macht den Betrieb von Kohlekraftwerken weniger wirtschaftlich. Hinzu kommt der stetige Anstieg der Kohlepreise.

Außerdem stellen viele potenzielle Investoren ihre Pläne zurück, solange sie nicht wissen, um welchen Zeitraum die Bundesregierung die Laufzeit der Kernkraftwerke verlängern wird. In den abgeschriebenen Meilern lässt sich Strom zu vergleichsweise geringen Kosten produzieren. „Das Thema Laufzeitverlängerung spielt für Investitionen in Kohlekraftwerke eine große Rolle“, sagt Stefan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena), dem „Handelsblatt“. Im Moment herrsche eine große Unsicherheit, Investitionen würden tendenzielle zurückgestellt. Kohler warnt seit geraumer Zeit vor einer Stromlücke. Jüngsten Berechnungen der Dena zufolge fehlen bis 2020 Stromerzeugungskapazitäten von 12 000 bis 13 000 Megawatt (MW). Das entspricht etwa 15 Kohlekraftwerken.

Wie diese Lücke geschlossen wird, darüber herrscht bisher in Politik und Wirtschaft keine Einigkeit. Umweltverbände und Bürgerinitiativen plädieren für kleine, hocheffiziente und schnell regelbare Gaskraftwerke, weil sie sich besser mit der stark schwankenden Stromerzeugung aus Wind und Sonne kombinieren lassen. Neue Kohlekraftwerke wollen viele Umweltschützer nur noch zulassen, wenn sie mit der Technik zu Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid ausgestattet (CCS) sind. Diese Technik ist aber noch in der Erprobungsphase.

Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, plädiert dafür, ganz auf neue Kohlekraftwerke zu verzichten. „Die jüngsten Rückzieher bei der Kohlekraft dienen dem Klimaschutz und der Versorgungssicherheit“, sagt der Abgeordnete. Auch angesichts der steigenden Weltmarktpreise für Kohle, ausgelöst durch die stark wachsende Nachfrage aus Ländern wie China, solle sich die deutsche Energiepolitik ganz auf die erneuerbaren Energien konzentrieren. Die Regierungsparteien sehen das allerdings anders: „Wir können beim Energiemix der nächsten zwanzig Jahre nicht auf Kohle verzichten“, sagt der energiepolitische Koordinator der Unionsfraktion, Thomas Bareiß (CDU). Wer eine sichere und bezahlbare Stromversorgung wolle, müsse akzeptieren, dass Kohlekraftwerke, Windräder und Hochspannungsleitungen unverzichtbar seien. Klaus Stratmann (HB)

Klaus Stratmann (HB)

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