zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Kein Versteckspiel hinter Grenzen

Die EU-Staaten sollen bei der Verfolgung von Verkehrsrowdys künftig enger zusammenarbeiten

Brüssel - Wer grob gegen die Verkehrsregeln verstößt, rote Ampeln überfährt oder Geschwindigkeitsbegrenzungen ignoriert, der muss in vielen Fällen keine Strafe fürchten – noch nicht. Denn in Europa ist der Arm des Gesetzes nach wie vor zu kurz: Er reicht normalerweise nur bis zur jeweiligen nationalen Grenze. Die ist aber für Autofahrer längst durchlässig geworden. Dennoch kommen Raser, die geblitzt werden, und selbst Verkehrsrowdys mit Alkohol im Blut derzeit in weitaus den meisten Fällen straffrei davon – sofern sie ein Auto mit ausländischem Nummernschild fahren.

„Das ist nicht nur ungerecht gegenüber den einheimischen Fahrern, die bei Verkehrsdelikten hart bestraft werden. Die Straffreiheit beeinträchtigt auch die Verkehrssicherheit“, kritisierte am Mittwoch EU-Kommissar Jacques Barrot, der in Brüssel für Verkehrspolitik zuständig ist. Er hat deshalb einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie vorgelegt, die künftig auf Europas Straßen Gleichheit vor dem Gesetz gewährleisten soll. In Zukunft sollen die Behörden im Heimatland des Verkehrssünders bei dessen Identifizierung und Bestrafung Hilfe leisten.

Dass die Behörden über die Grenzen hinweg zusammenarbeiten, Daten austauschen und gefährliche Regelverstöße verfolgen, die ihnen aus dem EU-Ausland gemeldet werden, ist bisher die Ausnahme. Ein deutscher Autofahrer, der zwischen Aachen und Amsterdam zu schnell fährt und geblitzt wird, muss zwar mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen: Die deutschen Behörden treiben die Geldbußen ein, die von der niederländischen Polizei verhängt werden, denn zwischen Deutschland, den Niederlanden und Belgien klappt die Zusammenarbeit. Wer aber zum Beispiel mit polnischem, tschechischem oder französischem Nummernschild auf ausländischen Straßen die Regeln bricht, der geht meistens straffrei aus.

Bisher nämlich versagt bei der Radarkontrolle die automatische Identifizierung von Fahrzeugen mit ausländischem Nummernschild. Künftig sollen nun die Daten des erfassten Fahrzeugs an einen europäischen Computer gemeldet werden, der dann eine Suchanfrage startet: entweder in einer eigenen europäischen Datenbank oder aber durch Abfrage in den nationalen Karteien. Der so ermittelte Verkehrssünder erhält darauf von der Behörde des Landes, in dem er die Regeln übertreten hat, einen Strafzettel in seiner eigenen Sprache. Zahlt er nicht rechtzeitig, leisten die Behörden seines eigenen Landes Amtshilfe und gehen gegen ihn vor.

„Wir hoffen, dass wir auf diese Weise eine Verhaltensänderung der ausländischen Autofahrer erreichen“, heißt es in Brüssel. Die jetzt vorgeschlagene EU-Gesetzgebung erfasst lediglich die vier groben Verkehrsdelikte: Geschwindigkeitsübertretung, Trunkenheit am Steuer, Fahren ohne angelegte Gurte und das Überfahren einer roten Ampel. Sie sind die Hauptursache von 75 Prozent der rund 43 000 tödlichen Unfälle in der EU.

Falschparker werden sich im Ausland aber auch in Zukunft um die Strafe herummogeln können – sofern sie sich nicht von der Polizei in flagranti schnappen lassen. Thomas Gack

Zur Startseite