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Wirtschaft: Keine Angst vor der Mehrwertsteuer

Geschäftsklima wird trotz der steigenden Steuern wieder besser / US-Notenbank hebt Zinsen nicht an

Berlin - Trotz der näher rückenden Erhöhung der Mehrwertsteuer steigt der Optimismus in den deutschen Unternehmen. Das zeigt der Ifo-Geschäftsklima-Index für den Oktober, der überraschend wieder gestiegen ist – von 104,9 auf 105,3 Punkte. „Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass sich der Konjunkturaufschwung in den kommenden Monaten fortsetzen wird“, sagte am Mittwoch Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, dessen Institut den Index berechnet.

Am Mittwochabend gab es auch aus den USA gute Nachrichten. Die US-Notenbank Fed teilte mit, dass sie den Leitzins unverändert bei 5,25 Prozent belässt. Grund sei eine Abkühlung der Konjunktur, auch wenn es noch immer Inflationsrisiken gebe. Außerdem erwartet die Fed auf weitere Sicht, „dass die Wirtschaft wahrscheinlich in einer moderaten Geschwindigkeit weiter wächst“.

In Deutschland beurteilten die für den Ifo-Index befragten Unternehmen zum ersten Mal seit drei Monaten auch ihre Perspektiven für die nächsten sechs Monate wieder günstiger. Der entsprechende Teilindex stieg von 98,9 auf 99,2 Punkte an. Noch besser fiel das Urteil über die aktuelle Geschäftslage aus – hier stieg der Wert von 111,3 auf 111,8 Punkte. Der Deutsche Aktienindex (Dax) reagiert mit einem leichten Plus von 0,28 Prozent auf 6265 Punkte.

Der Ifo-Index gilt als wichtigster Frühindikator für die Wirtschaftsentwicklung. 7000 Unternehmen werden dafür regelmäßig befragt. Fachleute hatten angesichts der Steuerpläne der Regierung mit einer weiteren Eintrübung der Stimmung gerechnet. Die aktuelle Lage bewerteten die Unternehmenschefs nun aber so gut wie seit 15 Jahren nicht mehr. Vor allem das Verarbeitende Gewerbe und der Großhandel waren optimistischer als noch im September. Im Baubereich gab es kaum Veränderungen, im Einzelhandel trübte sich das Bild dagegen etwas ein.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) äußerte sich zuversichtlich zur weiteren Entwicklung. Die Lage sei derzeit besser als die Stimmung, sagte er.

Bislang gehen viele Experten davon aus, dass sich der Aufschwung 2007 deutlich abschwächen wird – vor allem wegen der Steuererhöhung. Nun nimmt der Optimismus zu. „Die Party geht weiter“, kommentierte Alexander Koch, Deutschland-Experte von der Hypo-Vereinsbank, die Ifo-Daten. Uwe Angenendt zufolge, dem Chefökonom der BHF-Bank, spürt die Industrie derzeit die Vorzieheffekte der Steuererhöhung. Zwar werde es von Januar bis Ende März dann eine Eintrübung geben, aber die werde nicht so gravierend ausfallen. „Anfang des zweiten Quartals wird das Schlimmste überstanden sein“, sagte er dem Tagesspiegel. Die derzeitigen Wachstumsraten – hochgerechnet auf das gesamte Jahr liege die Quote bei vier Prozent – werde die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr aber nicht erreichen.

„Die Wirtschaft kann angesichts ihres gegenwärtigen Tempos über die Delle Anfang 2007 sehr gut hinwegkommen“, findet auch Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen. Die Auftragslage sei nach wie vor ausgezeichnet, vor allem dank der gut laufenden Exportwirtschaft. „Die Konjunktur wird durch die höheren Steuern gebremst, aber nicht gestoppt.“ Deshalb könnten auch im kommenden Jahr neue Arbeitsplätze entstehen. Bislang sind durch den Aufschwung seit Jahresbeginn etwa 300 000 Stellen entstanden. Allerdings werde die Europäische Zentralbank (EZB) die Ifo-Daten zum Anlass nehmen, 2007 weiter die Zinsen zu erhöhen.

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