zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Keine Kapriolen bei den Benzinpreisen

Mineralölfirmen: Dollarkurs hat kaum Einfluß/Verbraucherschützer fordern PreissenkungVON HENRIK MORTSIEFER BERLIN.Ein wieder steigender Dollar wird sich nach Ansicht von Mineralölfirmen kurzfristig nicht nennenswert auf die Benzinpreise in Deutschland auswirken.

Mineralölfirmen: Dollarkurs hat kaum Einfluß/Verbraucherschützer fordern PreissenkungVON HENRIK MORTSIEFER

BERLIN.Ein wieder steigender Dollar wird sich nach Ansicht von Mineralölfirmen kurzfristig nicht nennenswert auf die Benzinpreise in Deutschland auswirken.Verbraucherschützer halten sogar angesichts nachgebender Rohölpreise und eines in den letzten Tagen gesunkenen Dollar-Kurses einen Preisnachlaß an deutschen Tankstellen für angebracht.Der Einfluß des Dollars auf die Benzinpreise werde überschätzt, erklären die Mineralölkonzerne.Zwar seien die Preise seit Jahresanfang leicht gestiegen, dies sei aber nur teilweise auf die Verteuerung des Dollars um 25 Pfennig im gleichen Zeitraum zurückzuführen."Jeder Dollar, den wir mehr für einen Barrel Rohöl (158,97 Liter) zahlen müssen, entspricht nur etwa einem Pfennig mehr für den Liter Normalbenzin", so Esso-Sprecher Karl-Heinz Schult-Bornemann auf Anfrage.Aufgrund des scharfen Wettbewerbs auf dem deutschen Markt seien die Preiserhöhungen auf den Beschaffungsmärkten an den Tankstellen bislang nicht durchzusetzen gewesen."Höhere Preise auf den internationalen Beschaffungsmärkten kommen nur zu 40 Prozent auf dem deutschen Markt an", so Schult-Bornemann. Dieter Mäder von der Berliner Verbraucherzentrale sieht das anderes.Zwar herrsche in Deutschland ein vergleichsweise rauer Wettbewerb, zwischen Dollar und Benzinpreis ließen sich gleichwohl parallele Entwicklungen ablesen.So habe sich von Mitte Juli bis Anfang August am Rotterdamer Spotmarkt der Preis für eine Tonne Benzin von 170 auf 233 Dollar erhöht.Der Dollar sei gleichzeitig um 10 Pfennig nach oben geklettert.An Berliner Tankstellen sei das Normalbenzin im gleichen Zeitraum um gut acht Pfennig teurer geworden."Dies steht im Einklang miteinander" so Mäder.Freilich räumt auch der Experte ein, daß die Preiserhöhung auf einer "Kombination mehrerer Ursachen" beruhe.So reagierten die Rohstoffbörsen inzwischen so sensibel auf Gerüchte und Spekulationsgeschäfte wie die Wertpapiermärkte."Das hat mit Angebot und Nachfrage nichts mehr zu tun", so Mäder, gehe aber meist zulasten der Verbraucher.Mit Benzin werde gehandelt und spekuliert wie mit Kaffe und Gold, Gerüchte ­ insbesondere aus dem Ölförderland Irak ­ zeigten auf den Rohstoffbörsen extreme Wirkung. "An den Kosten orientiert sich heute kaum noch einer", erklärt Esso-Sprecher Schult-Bornemann.Der Grund: "Es sind zu viele Anbieter am Markt, die im Wettbewerb um Marktanteile fürchten müssen, wenn sie teurer verkaufen." Jeder Tankwart mache sich morgens auf den Weg zur Konkurrenz, um die Preisbewegungen zu kontrollieren ­ und entsprechend nachzuvollziehen.Gleiches beobachtet Aral-Sprecher Gerd Lengsdorf.Wenn Aral die Preise bundesweit hochsetze, bröckele das Plus in wenigen Tagen wieder ab, weil sich die 2500 Aral-Tankstellenbetreiber gegen Dumping-Angebote in Supermärkten oder an Freien Tankstellen zu wehren hätten. "Der eigentliche Benzinpreistreiber ist der Finanzminister", so Schult-Bornemann.Bei einem durchschnittlichen Benzinpreis von derzeit 1,64 DM betrage der Steueranteil 1,20 DM.Ein Plus bei den Steuern sei für den Autofahrer schmerzhafter als ein Anstieg des Dollar-Kurses. Mit Prognosen über die weitere Benzinpreis-Entwicklung im Schlepptau des Dollars halten sich die Mineralölkonzerne zurück.Aral-Sprecher Lengsdorf glaubt, daß angesichts sinkender Wareneinstandspreise auf den Beschaffungsmärkten zunächst "der Druck aus dem Markt" genommen ist.Der Einfluß des Dollars werde überschätzt."Momentan läuft alles im Gleichklang, wir erwarten keien Kapriolen." Esso-Sprecher Schult-Bornemann stimmt in diese Diagnose ein, gibt aber zu bedenken, daß im August und September viele europäische Raffinerien überholt und zeitweise aus der Produktion genommen würden und die Nachfrage im Vorfeld der Schließungen entsprechend hoch sei."Die Preistendenz ist folglich als eher fest zu bezeichnen", so Schult-Bornemann. Anders Dieter Mäder von der Verbraucherzentrale: "Weitere Erhöhungen dürfte es im Moment nicht geben." Die derzeit ausgewiesenen Benzinpreise basierten auf einem Dollarkurs von 1,89 DM und einem Beschaffungspreis von 233 Dollar.Beide seien inzwischen wieder gefallen, "die Mineralölfirmen verlangen demnach zu hohe Preise".Zu der Einschätzung paßt die jüngsten Nachricht aus Wien.Der Preis für Rohöl der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) ist um mehr als einen halben Dollar gefallen.In der vergangenen Wochen kostete ein Barrel 18,04 Dollar, eine Woche zuvor waren es noch 18,56 Dollar, teilte die Opec am Montag mit.

Zur Startseite