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Wirtschaft: Keine Lizenz zum Spionieren

Wir halten uns alle für Anhänger einer liberal orientierten Staatsauffassung. Und wie jeder andere sind wir wachsam, wenn es um die Ausübung staatlicher Gewalt geht.

Wir halten uns alle für Anhänger einer liberal orientierten Staatsauffassung. Und wie jeder andere sind wir wachsam, wenn es um die Ausübung staatlicher Gewalt geht. Und deshalb bereitet uns die angstbestimmte und ablehnende Reaktion der Menschen auf die jüngste Gerichtsentscheidung zugunsten der Anti-Terrorbemühungen der Regierung Bush Kopfzerbrechen.

Am vergangenen Montag bestätigte ein Berufungsgericht die Auffassung von US-Justizminister John Ashcroft, wonach die Verfassung eine größere Kooperation zwischen FBI und Justizministerium bei der Strafverfolgung und der Überwachung von Terrorverdächtigen gestattet. Eigentlich hatten wir gedacht, dass es das doch war, was alle wollten – immerhin ist nach dem 11. September der „mangelnde Informationsaustausch“ allgemein als ein Versäumnis der Regierung beklagt worden.

Doch angesichts der Reaktionen auf das Urteil vom vergangenen Montag könnte man meinen, der KGB sei auf das amerikanische Volk losgelassen worden. Das ist übertrieben. Es werden nicht plötzlich FBI-Agenten in amerikanischen Schlafzimmern herumschnüffeln. Wenn die Behörden eine Abhörgenehmigung erwirken wollen, müssen sie immer noch zuerst ein Gericht davon überzeugen, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen ausländischen Spion oder um ein Mitglied einer Terror-Organisation handelt.

In Wahrheit geht es darum, in welchem Ausmaß ein Informationsaustausch zwischen FBI und Justizministerium stattfinden kann. In seiner Entscheidung vom vergangenen Montag hat das Gericht ausgeführt, es mache keinen Sinn, eine „Mauer“ zwischen Nachrichtendienst und den allgemeinen Strafverfolgungsbehörden zu errichten, weil „schon die Definition des ausländischen Spions ... kriminelles Verhalten wie Spionage, Sabotage oder Terrorismus impliziert“.

Jede freie Gesellschaft braucht Menschen, die darauf achten, dass die Macht des Staates begrenzt bleibt. In Amerika sieht man nach dem 11. September aber in jeder Erweiterung der Befugnisse des Nachrichtendienstes, und sei sie noch so klein, den Beginn des Überwachungsstaates. Wenn die Wächter des liberalen Staates weiterhin falschen Alarm schlagen, wird im Ernstfall niemand mehr hinhören.

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