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Wirtschaft: Killerspiele im Visier

Firmen drohen mit Abwanderung aus Deutschland

Berlin - Sie heißen „Counter Strike“, „Gothic 3“ oder „Far cry“, und was sie verbindet, ist die Gewalt. „Killerspiele“ werden diese Computerspiele von jenen genannt, die fürchten, dass die virtuelle Ballerei bei Kindern und Jugendlichen besonders aggressives Verhalten fördert. Und das sind im Moment eine ganze Menge. Ein Antrag Bayerns auf ein Totalverbot wurde am Freitag im Bundesrat zwar erst mal an die Ausschüsse verwiesen, aber die Branche sieht die Gefahr noch längst nicht gebannt. Zumal auch die Bundesregierung mit einem Sofortprogramm den Zugang von Jugendlichen zu diesen Spielen erschweren will.

„Rigide Maßnahmen gegen ein Medium haben immer auch wirtschaftliche Auswirkungen auf den Markt“, befürchtet Thomas Dlugaiczyk, Geschäftsführer der Berliner Games Academy, der einzigen Spezialschule Deutschlands für Computerspiel-Entwickler. Dlugaiczyk rechnet damit, dass Verbote negative Folgen für die Produktion in Deutschland haben werden. „Es gibt einige Entwickler, die bereits überlegen, wegen der schlechter werdenden Rahmenbedingungen ins Ausland zu gehen“, sagt er. „Klar ist, dass die Branche künftig einen Bogen um Deutschland machen wird.“

Die Firma Crytek ist so ein Beispiel, einer der wenigen deutschen Spielentwickler von Weltrang. Noch ist unklar, ob sein Killerspiel „Crysis“ eine Zulassung für Deutschland bekommt. Sollte das abgelehnt werden, hatte Firmengründer Cevat Yerli gedroht, werde die Frankfurter Firma Deutschland verlassen.

Große Bedenken gegen eine Verschärfung des Jugendschutzes haben auch die Vertreiber der Spiele. „Sinnvolle Regeln zum Jugendschutz begrüßen wir“, sagte Niels Bogdan, Sprecher des zweitgrößten europäischen Videospielvertreibers Ubi Soft, „aber der aus Bayern eingebrachte Entwurf schießt über das Ziel hinaus.“ Welche konkreten Folgen der Entwurf haben werde, sei noch nicht abzusehen, weil viele Dinge noch nicht geklärt seien. Etwa die Frage, wie der Begriff „Killerspiel“ überhaupt definiert wird.

Ähnliche Bedenken hat der Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware bei dem Sofortprogramm, das das Bundesfamilienministerium „zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor extrem gewalthaltigen Computerspielen“ gerade beschlossen hat. „Selbst die ,Moorhuhn‘-Jagd ist gewalthaltig“, sagt Geschäftsführer Olaf Wolters. Eine Grenze zu ziehen, sei kaum möglich. Er meint, dass ein solches Verbot nicht mit der Verfassung vereinbar ist – wegen Verstoßes gegen die Kunst- und die Berufsfreiheit.

Im Übrigen weist die Branche, die in Deutschland mehr als eine Milliarde Euro umsetzt, darauf hin, dass es bereits einen wirksamen Jugendschutz in Deutschland gibt. Seit drei Jahren prüft die Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) neue Computerspiele und gibt Altersfreigaben. Der Test ist zwar freiwillig, „aber ohne dieses Siegel kann man in Deutschland nur schwer Spiele verkaufen“, sagt Ubi-Soft-Sprecher Bogdan. Um dem Problem gewalttätige Jugendliche zu begegnen, meint er, sollte in Deutschland lieber über eine familienfreundliche Politik nachgedacht werden. „Pauschale Schuldzuweisungen werden sicher nicht zur Lösung beitragen.“

Maren Peters

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