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Vier Jungs von 14 bis 24 Jahren.

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Kindergeld: Wie Volljährige an die Förderung kommen

Der Staat zahlt auch für über 18-Jährige Kindergeld. Um die Förderung wird mit allerlei Tricks gekämpft.

Von Carla Neuhaus

Ich suche nach einem Studiengang, der zum Sommersemester begonnen werden kann und einen hohen Numerus clausus hat“, schreibt User Chris in einem Internetforum. Er sei gerade in Australien unterwegs und wolle weiterhin Kindergeld bekommen. Deshalb brauche er eine Bescheinigung, dass er keinen Studienplatz bekommen habe. Eine Antwort kommt prompt. „Ja!! Ruf mich morgen an“, schreibt ein anderer zurück. „Bin gerade mit meinem Kindergeld in Nepal unterwegs.“ Tipps wie diese kursieren im Netz zuhauf. Junge Erwachsene tauschen sich darüber aus, wie sie am einfachsten an Ablehnungsbescheide der Universitäten kommen, um weiterhin Kindergeld zu kassieren – obwohl sie in keiner Ausbildung sind. Auch unter Eltern ist die Frage, wann wer wie lange Kindergeld bekommt, das Gesprächsthema – vor allem jetzt in den Sommermonaten, wenn viele Jugendliche und junge Erwachsene mit der Schule fertig werden.

WER GEFÖRDERT WIRD

Mit dem Kindergeld, das es in Deutschland seit Mitte der dreißiger Jahre gibt, will der Staat den Lebensunterhalt der Kinder sichern. Bis der Nachwuchs 18 Jahre alt wird, zahlt die Familienkasse in jedem Fall. Die Antragsformulare gibt es bei der Agentur für Arbeit. Wie viel die Eltern bekommen, hängt von der Anzahl der Kinder ab. Je größer die Familie und je mehr Kinder in der Ausbildung sind, desto mehr Förderung gibt es.

Für die Erst- und Zweitgeborenen zahlt der Staat 184 Euro im Monat, für das dritte Kind 190 Euro und für jedes weitere 215 Euro. Allerdings verschiebt sich die Berechnung, sobald ein Kind aus der Berechnung herausfällt. Der Staat fördert den Nachwuchs maximal bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Sind zwei Kinder schon älter, zahlt der Staat für das Drittgeborene nur noch 184 Euro. Gezahlt wird das Kindergeld an die Eltern. „In der Regel bekommt die Mutter es“, sagt der Berliner Steuerberater Wolfgang Wawro.

WER DAS KINDERGELD BEKOMMT

Wenn junge Erwachsene während der Ausbildung oder des Studiums nicht mehr zu Hause wohnen, können sie die Förderung allerdings auch selbst beantragen. Gleiches gilt, wenn die Eltern nur wenig oder gar keinen Unterhalt zahlen. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Eltern Hartz IV beziehen. Bekommt das Kind selbst das Kindergeld ausgezahlt, ist in der Fachsprache von einer Abzweigung die Rede.

VORAUSSETZUNG: EINE AUSBILDUNG

Wenn Kinder mit der Schule fertig sind, läuft die Förderung für eine Übergangszeit von vier Monaten erst einmal weiter. Danach müssen die Eltern nachweisen, dass ihr Sohn oder ihre Tochter eine Ausbildung macht – oder sich zumindest um eine bemüht.

Wer keinen Ausbildungsplatz bekommt, muss bei der Kindergeldkasse mehrere Ablehnungsbescheide einreichen. Eine Mindestanzahl an Ablehnungsbescheiden gibt es nicht – allerdings wären vier bis zehn wünschenswert, sagt Paul Ebsen von der Agentur für Arbeit. „Man muss sich ernsthaft um eine Ausbildung bemüht haben“, sagt er. Was das genau heißt, entscheidet der Sachbearbeiter im Einzelfall. Am einfachsten ist es in einem solchen Fall, wenn das Kind sich als Bewerber für einen Ausbildungsplatz bei der Agentur für Arbeit listet. Dann müssen die Absagen nicht separat eingereicht werden.

Auch wer studieren will, aber keinen Studienplatz bekommt, muss das nachweisen. Mit etwas Glück akzeptiert die Kindergeldkasse den Ablehnungsbescheid einer einzigen Universität. Allerdings, sagt Ebsen, werde auch überprüft, wie hoch die Chance überhaupt für den Bewerber war, den Studienplatz zu bekommen.

Was passiert, wenn die Kinder ins Ausland gehen

Wenn das Kind nach der Schule erst einmal ins Ausland will oder sich freiwillig zum Wehrdienst meldet, gelten Sonderregelungen. So gibt es für Kinder, die als Au-pair im Ausland jobben, nur dann Kindergeld, wenn sie vor Ort einen Sprachkurs machen, und zwar mindestens zehn Stunden die Woche. Entscheidet sich das Kind für einen Freiwilligendienst – ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr –, bekommen die Eltern dagegen auf jeden Fall weiterhin das Kindergeld. Und das auch dann, wenn der Freiwilligendienst im Ausland abgeleistet wird. In diesem Fall muss allerdings der Träger, der den Freiwilligendienst anbietet, in Deutschland sitzen.

Seit Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht gibt es dagegen kein Kindergeld mehr für die jungen Erwachsenen, die sich freiwillig für den Wehrdienst entscheiden. Wer dagegen noch zu Zeiten der Wehrpflicht bei der Bundeswehr war, kann sogar auch nach dem 25. Lebensjahr noch Kindergeld bekommen, wenn er sich noch in der Ausbildung befindet.

KEINE EINKOMMENSGRENZE

Früher durften Kinder im Jahr maximal 8004 Euro verdienen, damit die Eltern nicht den Anspruch auf Kindergeld verloren. Diese Regelung ist bereits Anfang 2012 abgeschafft worden. „Der bürokratische Aufwand war zu hoch“, sagt Ebsen von der Agentur für Arbeit. Seitdem dürfen Kinder, die eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium machen, beliebig viel dazuverdienen, ohne dass das Kindergeld gekürzt wird.

Anders sieht das während einer zweiten Ausbildung aus. Haben Sohn oder Tochter bereits eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen, zahlt die Kindergeldkasse nur weiter, wenn er oder sie nebenher nicht mehr als 20 Stunden arbeiten. Sonst wird der Nebenjob als Haupttätigkeit gezählt und der Anspruch auf die Zahlungen entfällt.

Diese strengeren Regeln gelten zum Beispiel auch dann, wenn ein Lehrling nach der Ausbildung ein Studium anschließt oder wenn ein Bachelorabsolvent ein Masterstudium nachschiebt – und das selbst dann, wenn das Zweitstudium direkt auf dem Bachelor aufbaut.

Wer dagegen ein Studium vor dem Abschluss abbricht und ein anderes beginnt, ist weiterhin in der Erstausbildung und darf beliebig viel nebenher arbeiten. Gleiches gilt, wenn der junge Erwachsene ein zuvor abgebrochenes Studium später wieder aufnimmt.

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