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Wirtschaft: Kirch-Gruppe: Leo Kirch bereitet seinen Abgang vor

Der Medienunternehmer Rupert Murdoch rechnet sich gute Chancen auf einen Einstieg in das deutsche Fernsehgeschäft aus. Als Gesellschafter der Kirch-Gruppe könnte Murdoch bei der Sanierung des Medienkonzerns eine Schlüsselrolle einnehmen.

Der Medienunternehmer Rupert Murdoch rechnet sich gute Chancen auf einen Einstieg in das deutsche Fernsehgeschäft aus. Als Gesellschafter der Kirch-Gruppe könnte Murdoch bei der Sanierung des Medienkonzerns eine Schlüsselrolle einnehmen. Beobachter erwarten, dass die Verhandlungen zwischen Kirch, den Gläubigerbanken und den Gesellschaftern vor Ostern abgeschlossen werden. Kirch sollen im Zuge einer Kapitalerhöhung rund 800 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Leo Kirch bliebe nur noch eine Minderheitsposition.

Durch eine Machtübernahme bei Kirch Media, dem profitablen Teil der Kirch-Gruppe, könnte Rupert Murdoch die Fernsehkanäle Sat 1, Pro Sieben und N 24 wesentlich für seine Zwecke nutzen. Im Umfeld des Unternehmers heißt es in London, "unter den richtigen Umständen" sei das werbefinanzierte deutsche Fernsehen für Murdochs News Corp. durchaus interessant. "Das ist schließlich das Geschäft, das wir in den USA betreiben", sagte ein Top-Manager von News Corp. "Die Sache ist in Bewegung, zwar langsam, aber in Bewegung", bestätigte auch ein Sprecher von Murdochs Bezahlsender BSkyB in London die Verhandlungen.

Die Briten besitzen 22 Prozent an Kirchs Bezahlfernsehen Premiere, haben aber im Oktober die Möglichkeit sich gegen Zahlung von 1,7 Milliarden Euro zurückzuziehen. Bislang hatte Murdoch erklärt, er wolle auf der Auszahlung bestehen. Da Kirch die Summe in bar wohl nicht aufbringen kann, könnten Murdochs Forderungen mit Anteilen der Kirch-Media erfüllt werden. Der BSkyB-Sprecher verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Option zur Auszahlung nicht direkt mit Premiere, sondern mit Kirch-Media vereinbart wurde. Damit habe vor allem Murdoch unter den Minderheitsgesellschaftern von Kirch-Media, die zusammen rund 20 Prozent an dem Unternehmen besitzen, eine starke Verhandlungsposition, meint ein Londoner Banker. Neben Murdoch sind der Handelskonzern Rewe, Medienunternehmen des italienischen Ministerpräsidenten von Silvio Berlusconi und vier ausländische Finanzinvestoren an Kirch-Media beteiligt. Sprecher von Kirch und der Banken lehnten jede Stellungnahmen ab.

Auf dem Wege einer Kapitalerhöhung, an der sich die Kirch-Gesellschafter sowie die vier Gläubigerbanken Bayerische Landesbank, Commerzbank, DZ Bank und Hypo-Vereinsbank beteiligen sollen, wird der Kirch-Gruppe frisches Kapital in Höhe von rund 800 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Darauf haben sich die Beteiligten dem Vernehmen nach schon geeinigt. Am Montag wurde noch darüber verhandelt, in welchem Verhältnis Banken und Investoren künftig an der Kirch-Media beteiligt sein werden und welche Rolle Leo Kirch spielen soll. "Wir wollen, dass alle - Gesellschafter und Gläubiger Kirchs - an der Kapitalmaßnahme teilnehmen", sagte ein Banker. Spekuliert wurde am Montag, die Banken könnten Murdoch und Berlusconi das Feld weitgehend überlassen und sich nur mit einer Minderheitsposition, etwa einem Drittel von Kirch-Media, zufrieden geben. Einen von den bisherigen Minderheitsgesellschaftern geforderten Forderungsverzicht lehnen die Kreditinstitute allerdings strikt ab. Das werde aber nicht zum Scheitern der am Montag fortgesetzten Verhandlungen führen, schätzte ein Insider. "Es herrscht Einigungszwang," sagte er.

Der 75-jährige Firmengründer Leo Kirch habe seine Bereitschaft signalisiert, sich von seiner Mehrheitsposition zurückzuziehen, um einen Weg zur Rettung des Konzerns frei zu machen. Die Kirch-Gruppe ist bei den Banken mit mindestens 6,5 Milliarden Euro verschuldet. Leo Kirch und sein Sohn Thomas halten noch 79 Prozent an Kirch-Media. Was Kirch noch von seinem Lebenswerk bleibt, ist im Detail noch unklar. Da ihm die finanziellen Mittel fehlen dürften, werde er an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmen, heißt es. Dafür ist eine "finanzielle Kompensation" im Gespräch. "Das ist ein Abschied für immer," schätzte ein Vertrauter des schwer zuckerkranken Patriarchen.

mot, tmh, HB

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