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Wirtschaft: Kirch-Pleite: Murdoch pokert um Premiere

Nach dem Insolvenzantrag von Leo Kirchs Kerngesellschaft Kirch-Media steht auch die Sparte Kirch Pay-TV mit dem Bezahlsender Premiere kurz vor dem Aus. Für die Dachgesellschaft des defizitären Abo-Kanals sei ein Insolvenzantrag bereits geschrieben, hatte Kirch-Sanierer Wolfgang van Betteray zuletzt behauptet.

Nach dem Insolvenzantrag von Leo Kirchs Kerngesellschaft Kirch-Media steht auch die Sparte Kirch Pay-TV mit dem Bezahlsender Premiere kurz vor dem Aus. Für die Dachgesellschaft des defizitären Abo-Kanals sei ein Insolvenzantrag bereits geschrieben, hatte Kirch-Sanierer Wolfgang van Betteray zuletzt behauptet. Beim Amtsgericht München eingereicht wurde das Schreiben aber auch am Dienstag nicht. In Branchenkreisen rechnet man fest mit einem solchen Schritt.

Zum Thema Online Spezial: Kirch & Fußballrechte Schwerpunkt: Bundesliga nach der Kirch-Pleite Fotostrecke: Pleitewelle - Insolvenzen in Deutschland Die Verzögerung gehe auf Premiere-Mitgesellschafter Rupert Murdoch zurück, der in letzter Minute noch Gesprächsbedarf angemeldet habe, heißt es. An ein rettendes Engagement des Anglo-Australiers, der gut 22 Prozent der Premiere-Anteile hält, glaubt in München aber niemand mehr. Zumindest vor einer Insolvenz von Kirch Pay-TV werde er seine Hand nicht nach Premiere ausstrecken. Ob er es danach tut, gilt als offen. Seitens der Kirch-Hausbanken ist keine Auffanglösung nach dem Muster des Falls von Kirch-Media in Vorbereitung, hieß es in Bankenkreisen. Möglicherweise versuche der neue Premiere-Chef Georg Kofler aber noch, neue Investoren für die Zeit nach einer Insolvenz zu gewinnen. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht. Betteray hatte für Kirch Pay-TV wie bei Kirch-Media einen Insolvenzantrag auf Basis von Eigenverwaltung angekündigt. Anders als beim Herzstück des Kirch-Imperiums fehlen bei Kirch Pay-TV verwertbare Bestandteile, so dass ohne massive Kapitalzufuhr das endgültige Aus unausweichlich ist.

Premiere hat bislang über 4,1 Milliarden Euro Verluste angehäuft und ist damit der Hauptgrund für Leo Kirchs Fiasko. Allein im Vorjahr betrug das Defizit knapp eine Milliarde Euro. Ende 2001 war der Sender bei Banken mit 962 Millionen Euro verschuldet. Seitdem sind dem Vernehmen nach noch einige hundert Millionen Euro dazugekommen. Darüberhinaus schuldet Kirch Pay-TV dem Schwesterkonzern Kirch-Media offenbar größere Summen. Kirch-Media versorgt Premiere mit Senderechten für Spielfilme und Sportübertragungen.

Sobald der Insolvenzverwalter von Kirch Media oder das neue Management diese Summen einfordern, wozu sie rechtlich wegen der Insolvenz von Kirch Media verpflichtet sind, tritt bei Kirch Pay-TV automatisch die Zahlungsunfähigkeit ein, sagen Insider. Eine Insolvenz nützt Kirch Pay-TV aber nur wenig, weil Premiere nicht nur Schulden drücken, die dann hinfällig wären. Der Sender hat bislang alle Geschäftsziele verfehlt und seine Defizite zuletzt sogar ausgeweitet. Allein für das laufende Jahr betrage der Finanzbedarf einige hundert Millionen Euro, hatte Premiere-Chef Kofler vor knapp drei Wochen eingeräumt. Spekuliert wurde über eine Summe von 500 bis 800 Millionen Euro. Woher die Mittel kommen sollen, konnte er damals nicht sagen.

Mit dem von ihm verordneten Sparprogramm allein kommt Premiere nicht auf die Füße. Kofler will im laufenden Jahr 800 von 2500 Stellen abbauen und Programmlieferverträge neu verhandeln, um die jährlichen Kosten um eine halbe Milliarde Euro zu senken. Mit zumindest einem Hollwoodstudio gebe es bereits weit fortgeschrittene Gespäche, hatte van Betteray betont. Auch im günstigsten Fall wird Premiere aber 2003 und 2004 insgesamt nochmals rund 270 Millionen Euro Verlust machen, hat Kofler errechnet. Erst 2005 plant er mit 145 Millionen Euro Gewinn. Diese Durststrecke kann nur mit Investoren überstanden werden. Als einziger Kandidat dafür gilt Murdoch.

tmh

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