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Kirchen-Präses Schneider: „Die Gier ist brandgefährlich“

Nikolaus Schneider ist Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und stellvertretender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Mit ihm sprach Miriam Schröder.

Herr Schneider, reden Sie in Ihrer Weihnachtspredigt auch über die Finanzkrise?



Nicht direkt. Aber ich lege einen Text aus einem Römerbrief aus. Darin gibt es eine passende Stelle: „Für alle Herrschaften auf dieser Welt ist eine Grenze gesetzt.“ Jesus Christus ist die Grenze für alle weltliche Herrschaft.

Gilt diese Grenze auch für die Banker?

Natürlich. Die Banker nannten sich ja einmal Masters of the Universe, Herren des Universums. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass sich Banken für eine menschenverträgliche Herrschaft nicht unbedingt eignen. Das ist eine Selbstüberschätzung, der man entgegentreten muss.

Wie müsste ein Wirtschaftssystem aussehen, damit es im Einklang steht mit der christlichen Lehre?

Wir müssen den Zusammenhang von Freiheit und Verantwortung wieder herstellen. Verantwortung bezieht sich erstens darauf, dass gesetzliche und ethische Regeln eingehalten werden. Zweitens muss verantwortlich mit den anvertrauten Gütern, also mit den Geldern, umgegangen werden. Und Verantwortung bedeutet drittens, dass wirtschaftliches Handeln nicht zur Zerstörung einer Gesellschaft oder zur Zerstörung der Biosphäre führen darf. Erst aus dieser Verantwortung kann Freiheit gestaltet werden.

Wer trägt diese Verantwortung?

Zuerst natürlich die Menschen, die Entscheidungen treffen. Aber auch die sogenannten kleinen Leute. Die Gier der Großen wirkt sich verheerender aus. Wenn die Banker am Schalter Vorgaben aus dem Vorstand haben und eine bestimmte Menge von Produkten verkaufen müssen, steckt die Gier im System. Die muss man begrenzen. Sonst wird sie brandgefährlich.

Glauben Sie an die Macht der Kirche oder braucht es gesetzliche Vorgaben?

Ich glaube an das Wort Gottes. Natürlich brauchen wir Gesetze, die auch durchgesetzt werden. Aber auch die besten Regeln werden umgangen, ausgehöhlt und unterlaufen, wenn es nicht auch Menschen gibt, die diese Regeln wollen und die sie sich zu eigen machen. Wir brauchen ein regulierendes System und wir brauchen eine persönliche Ethik. Das muss beides zusammenspielen.

Würden Sie es begrüßen, wenn Regierungen Höchstgrenzen für Renditen einführen würden?

Ja, aber ich habe da wenig Hoffnung. Ich glaube, dass man nur durch alternatives Handeln etwas erreichen kann. Es gibt ja alternative Banken, auch alternative Formen des Wirtschaftens, die die Rendite nicht zum obersten Ziel machen. Dafür trägt aber auch der Einzelne Verantwortung, bei jeder Entscheidung. Es gibt eine Verantwortung der Käufer, sich dafür zu interessieren, unter welchen Bedingungen Produkte entstehen, auch Finanzprodukte.

Nikolaus Schneider ist Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und stellvertretender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Mit ihm sprach Miriam Schröder.

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