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Wirtschaft: Klagen in den USA belasten Infineon

Preisabsprachen könnten den Chiphersteller bis zu 212 Millionen Euro kosten / Hoher Quartalsverlust

München - Wegen millionenschwerer Rückstellungen im Zusammenhang mit einem Wettbewerbsverfahren um angebliche Preisabsprachen hat der Halbleiterhersteller Infineon im zweiten Quartal überraschend einen hohen Verlust verbucht. Ohne die Rückstellungen hätte Infineon gut abgeschnitten, da das Halbleitergeschäft wieder besser läuft. Für das laufende Quartal gab sich Infineon am Dienstag optimistisch. Die Börse ließ sich von den hohen Rückstellungen nicht beeindrucken und honorierte den positiven Ausblick: Die Infineon-Aktie stieg um fast drei Prozent.

Infineon habe seine Rückstellungen im abgelaufenen Quartal für die Prozessrisiken um 184 Millionen Euro auf 212 Millionen Euro aufgestockt, teilte der Konzern mit. Daher sei ein Fehlbetrag von 56 Millionen Euro angefallen. Im Vorquartal hatte Infineon noch einen Überschuss von 39 Millionen Euro verbucht. Der Quartalsumsatz stieg dagegen um 14 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro und lag deutlich über der Schätzung von Analysten. Ohne die Rückstellungen hätte der Gewinn im laufenden Geschäft bei plus 186 Millionen Euro gelegen.

„Der weltweite Halbleitermarkt hat im Verlauf der letzten drei Monate beträchtlich an Dynamik zugelegt“, sagte der kommissarische Vorstandschef Max Dietrich Kley. Dazu hätten insbesondere höhere Verkaufspreise bei Speicherchips beigetragen, dem wichtigsten Umsatzträger des Konzerns. Speicherchips sind eine Art Kurzzeitgedächtnis für Computer und andere elektronische Geräte.

Grund für die hohen Rückstellungen ist eine Untersuchung, die das US-Justizministerium vor zwei Jahren gegen Infineon wegen möglicher Verletzungen von Wettbewerbsgesetzen in der Speicherchip-Industrie eingeleitet hat. Inzwischen sind gegen Infineon und andere Speicherchip-Hersteller wie Samsung, Hynix und Micron 25 Sammelklagen bei verschiedenen US-Gerichten erhoben worden. Ihnen wird vorgeworfen, im Geschäft mit Speicherchips untereinander Informationen über Preise ausgetauscht zu haben. Damit hätten sie die Preise gedrückt und so kleinere Wettbewerber aus dem Markt gedrängt. Vor zwei Jahren steckte der Markt für Speicherchips in einer tiefen Krise. Der wegen der Wirtschaftskrise niedrigen Nachfrage standen hohe Kapazitäten der Hersteller gegenüber, die sie während des Internetbooms aufgebaut hatten.

Infineon muss sich auch auf Zivilklagen von wichtigen Kunden gefasst machen, die sich durch überhöhte Preise geprellt fühlen und nun Schadenersatz fordern. „Wir werden versuchen, einen Vergleich zu erzielen“, sagte Kley. Die vollen finanziellen Auswirkungen dieser Untersuchungen und Klagen seien derzeit noch nicht vorherzusehen. Infineon musste zudem ein Auskunftsersuchen der EU-Kommission zum europäischen Markt für Speicherprodukte beantworten. Darauf gebe es aber noch keine Reaktion.

Für das laufende Quartal zeigte sich Infineon zuversichtlich. Analystenschätzungen, wonach Infineon im gesamten Geschäftsjahr, das am 30. September endet, einen Vorsteuergewinn von 500 Millionen Euro ausweisen wird, bezeichnete Finanzvorstand Peter Fischl als realistisch.

Nicole Adolph

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