zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Klaus Zwickel steckt in der Zwickmühle

BERLIN (aho/alf/uwe). Vor der dritten Runde des "Bündnis für Arbeit" gibt es Unstimmigkeiten im Gewerkschaftslager.

BERLIN (aho/alf/uwe). Vor der dritten Runde des "Bündnis für Arbeit" gibt es Unstimmigkeiten im Gewerkschaftslager. Insbesondere IG Metall-Chef Klaus Zwickel wird vorgeworfen, er verzögere mögliche Bündnis-Verabredungen wegen seiner im Herbst anstehenden Widerwahl. Deshalb, so heißt es in Gewerkschafterkreisen, versuche die IG Metall-Spitze, das Bündnis "über den Sommer zu verschleppen". Erst nach der Wahl Zwickels auf dem Gewerkschaftstag Anfang Oktober sei dann mit Bündnis-Ergebnissen zu rechnen.

Vor dem Spitzentreffen am Dienstag schätzen auch Mitglieder der rot-grünen Koalition die Erfolgsaussichten als nicht besonders hoch ein. IG Metall-Chef Zwickel werde wegen seiner anstehenden Wiederwahl nur "sehr zögerlich bereit sein, Kompromisse zu schließen". Dagegen hofft man auf Regierungsseite auf den DGB-Chef Dieter Schulte, der mehr Bewegungsspielraum habe. Auch deshalb, weil er sich nicht mehr zur Wiederwahl stellen wolle. Gleichzeitig setzen die Koalitionskreise auch darauf, daß sich die Gewerkschaften langsam in eine neue Rolle begeben. "Die Gewerkschaften müssen sich entscheiden, ob sie die Politik mitgestalten wollen oder als außerparlamentarische Opposition auftreten wollen", hieß es am Montag in hohen Regierungskreisen. Dabei könnten in Zukunft leichter Ergebnisse beim Bündnis erreicht werden, wenn die jeweiligen Runden nicht so unter Erwartungsdruck stünden. Die Bündnisgespräche in den Niederlanden seien jahrelang gar nicht wahrgenommen worden.

Klaus Lang, Leiter der politischen Planung bei der IG Metall, bezeichnete die Einschätzung von Zwickels Position als "kompletten Unsinn". Die IG Metall sei "hochinteressiert, daß es rasch zu vernünftigen Ergebnissen kommt im Bündnis", sagte Lang dieser Zeitung. An der Position Zwickels gebe es innerhalb der Gewerkschaft "keinen Zweifel". Auch sei sich Zwickel mit seinem Stellvertreter Jürgen Peters in den meisten Punkten einig. Peters, der innnerhalb der Gewerkschaft der Betonfraktion zugerechnet wird, war vor gut einem halben Jahr gegen den Widerstand Zwickels als Vize gewählt worden und steht dem Bündnis eher ablehnend gegenüber. Die Befürworter eines Konfrontationskurses mit Peters an der Spitze sind in der IG Metall zwar noch eine Minderheit. Allerdings steigt der Druck auf Zwickel. Er gilt als Erfinder der Bündnis-Idee und muß nun nach einem ersten Scheitern unter Kanzler Kohl jetzt mit Schröder den Beweis erbringen, daß das deutsche Konsensmodell noch funktioniert. Sollte auch dieser Versuch scheitern, könnten sich innerhalb der IG Metall die "Klassenkämpfer gegen die Kooperationsfraktion durchsetzen", urteilt ein Metaller. Der Druck auf den vergleichsweise moderaten Zwickel dürfte auch aufgrund des Bonner Sparpakets zunehmen.

Das deutet auch der Zwickel-Mann Klaus Lang an. "Der Haushalt ist sozial unausgewogen, die Rentner werden belastet und die Unternehmen entlastet - das gibt Protest bei uns", sagt Lang. Die Gewerkschaft sei dabei, "Protest zu organisieren, denn wir wollen von der Regierung die Politik, die sie im Wahlkampf versprochen hat". Bei der Politik und an der Spitze bei Kanzler Gerhard Schröder vermißt Metaller Lang "eigene strategischen Überlegungen: "Was wollen wir mit dem Bündnis, was tun wir zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit?" Insbesondere die "Verteilung von Arbeit in der modernen Arbeitsgesellschaft" über Teilzeit, Sabbaticals oder längere Weiterbildungszeiten sei im Bündnis "völlig unterbelichtet". Schließlich seien bei den Bonner Rentenvorschlägen mögliche Arbeitsmarkteffekte überhaupt nicht diskutiert worden. "Das ist völlig aus dem Blick geraten", kritisiert Lang.

Die Hoffnung der Arbeitgeber, daß die Gewerkschaften bisher keinen aktiven Widerstand gegen das Sparpaket leisten, "weil sie eingesehen haben, daß gespart werden muß", trügt. Den Gewerkschaften ist es nur bisher nicht gelungen, den Protest zu organisieren. Vor allem der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Dieter Schulte, gerät deshalb im eigenen Lager immer stärker unter Druck. "Er moderiert die Interessen nicht", klagt ein Mitarbeiter. Während das Arbeitgeberlager voll des Lobs über die "konstruktive Zusammenarbeit" mit Schulte ist, sind die Arbeitnehmer bei der Beurteilung zerstritten. Schulte sei zu oft abwesend, um die Meinungsbildung im DGB maßgeblich zu prägen, heißt es. Zwischen der unentschlossenen Protesthaltung der IG Metall und dem konzilianten Bündnis-Diskutanten Hubertus Schmoldt, Chef der IG Bergbau, Chemie, Energie, finde keine Vermittlung statt. Ferner überlasse Schulte das operative Geschäft mehr und mehr seiner Stellvertreterin Ursula Engelen-Kefer und schotte sich gegenüber den Kollegen im Düsseldorfer DGB-Haus ab.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false