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Rückschlag für Olaf Scholz: Seine Finanztransaktionssteuer bekommt Kritik aus Österreich.

© REUTERS

Update

"Kleinanleger würden bestraft": Österreich droht Scholz-Pläne für Finanztransaktionssteuer zu kippen

Wiens Finanzminister will seine Unterstützung verweigern, falls Scholz die geplante Aktiensteuer nicht ändert. Doch der hat das Geld schon verplant.

Erst war es die Opposition, die die Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) massiv kritisierte, nun ist es sein Amtskollege aus Österreich. "Der vorliegende deutsch-französische Vorschlag, den auch Olaf Scholz propagiert, verkehrt die ursprüngliche Idee der Finanztransaktionssteuer in ihr Gegenteil", sagte der Österreichische Finanzminister Gernot Blümel dem Tagesspiegel. "Damit würden die Realwirtschaft und Kleinanleger bestraft bestraft und indirekt die Spekulanten belohnt."

Deshalb müsse der aktuelle Vorschlag so überarbeitet werden, dass er wieder in Richtung der ursprünglichen Vorstellung von einer Finanztransaktionssteuer geht, Spekulanten bestraft und die Realwirtschaft fördert. "Wenn es hier zu keiner Änderung kommt, werden wir aus der Gruppe der Mitgliedsländer, die diese Finanztransaktionssteuer einführen will, aussteigen", so der ÖVP-Politiker weiter. "Das habe ich Olaf Scholz auch so mitgeteilt."

Scholz braucht das Geld für die Grundrente

Damit steht Olaf Scholz' Plan auf der Kippe. Seit 2011 gibt es auf EU-Ebene Verhandlungen zur Transaktionssteuer, die als Lehre aus der weltweiten Finanzkrise schädliche Wetten an der Börse und den automatisierten Handel einschränken soll. Unter den Staaten gab es aber keine Mehrheit für ein gemeinsames Konzept. Einige Länder versuchten daher, die Abgabe per „vertiefter Zusammenarbeit“ einzuführen. Scholz hatte seinen EU-Kollegen einen Vorschlag vorgelegt. Der sieht vor, dass bei Aktienkäufen eine Steuer von 0,2 Prozent anfällt.

Die Krux: Es sollen nicht alle Finanzgeschäfte besteuert werden. Derivate, Intradayhandel und der spekulative Hochfrequenzhandel bleiben dem aktuellen Entwurf nach verschont. Damit träfe die Steuer wohl nur Kleinanleger, die nicht auf andere Produkte ausweichen können. Große Player am Finanzmarkt könnten die Abgabe jedoch leicht umgehen, so die Kritik. Scholz hatte dennoch Mitte Dezember gesagt, die Beratungen dazu stünden kurz vor dem Abschluss. Der SPD-Politiker steht unter Zeitdruck, weil er die Einnahmen aus der Steuer bereits zur Finanzierung der Grundrente eingeplant hat.

Viele Maßnahmen gegen Kleinanleger

"Dieser Vorschlag ist genau das Gegenteil von dem, was die Kommission vor einigen Jahren vorgeschlagen hat", sagt nun auch Blümel. "99 Prozent aller Finanzgeschäfte werden davon nicht erfasst." Stattdessen mache der Vorschlag es unattraktiv für kleine und mittlere Sparer am Aktienmarkt zu investieren. Das wäre aber gerade in Zeiten ultraniedriger Zinsen besonders wichtig, um Altersarmut zu verhindern. "Eine stärkere Beteiligung der Sparer am Aktienmarkt wird durch diesen Vorschlag, torpediert."

Auch Anleger-Verbände hatten den Vorschlag massiv kritisiert. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereingung für Wertpapierbesitz, sagte dem Tagesspiegel im vergangenen Herbst: „Es hat nichts mit Fairness zu tun, wenn der Kleinanleger, der 50 Euro pro Monat in einen ETF einzahlt, jetzt zur Kasse gebeten wird.“ Solche Investments sollten nicht bestraft, sondern gefördert werden.

Scholz hatte Kleinanleger zuletzt mit mehreren Maßnahmen gegen sich aufgebracht. So soll auch die steuerlichen Verrechnungsmöglichkeiten bei Totalverlust mit Aktieninvestments eingeschränkt werden. Dass der Solidaritätszuschlag auf Aktiengeschäfte weiterhin erhoben wird, auch wenn der Käufer diesen nach seinem Einkommen nicht mehr zahlen müsste, stieß auf Kritik. Schon länger ist indes bekannt, dass Scholz die Abgeltungssteuer von rund 25 Prozent auf Aktiengewinne abschaffen und durch den meist deutlich höheren, ans individuelle Einkommen gekoppelten Steuersatz ersetzen will. (mit rtr)

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