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Wirtschaft: Kleinlaut zurück ins Kanzleramt

Die Gewerkschaften wollen wieder mit dem Bundeskanzler sprechen/Zwickel setzt sich in der eigenen Organisation nicht durch

Nun reden sie wieder. Die Chefs der Gewerkschaften wollen sich am 27. Juni mal wieder mit Bundeskanzler Gerhard Schröder treffen. Auf Wunsch der Gewerkschaften soll über die Agenda 2010 und allgemein über Sozialreformen gesprochen werden. Gut sechs Wochen sind dann vergangen, in denen sich innerhalb der Gewerkschaften ein Meinungswechsel vollzog. Anfang Mai noch hatten Klaus Zwickel (IG Metall) und Frank Bsirske (Verdi) ein Treffen mit Schröder platzen lassen, weil dieser in Sachen Agenda nicht mit sich reden lassen wollte. Doch „ich hole mir nicht beim Bundeskanzler ein ,basta’ ab“, sagte Zwickel. Die Gewerkschaften wehrten sich vor allem gegen die geplanten Einschnitte bei Arbeitslosengeld und hilfe sowie bei Krankengeld und Kündigungsschutz.

Seitdem ist viel passiert. Ein Trio unter Führung des Chemiegewerkschafters Hubertus Schmoldt brach aus der gewerkschaftlichen Einheitsfront aus und signalierte dem Genossen im Kanzleramt Gesprächsbereitschaft. Kurz darauf kam der 24. Mai, der große, bundesweite Aktionstag der Gewerkschaften, an dem sich statt ein paar Hunderttausend nur 90000 Protestler beteiligten. Und schließlich billigte der SPD-Parteitag Anfang Juni mit großer Mehrheit Schröders Pläne.

Bereits in der vergangenen Woche hatte Metallerchef Zwickel das Scheitern der Proteststrategie eingeräumt. „Wir müssen selbstkritisch feststellen, dass wir Hunderttausende nicht erreicht haben.“ Deshalb gehe es nun darum, „auf die Politik zuzugehen – was denn sonst?“ Die Gewerkschaften könnten entweder „mitgestalten oder die Politik machen lassen“. Im Übrigen müsse sich auch die IG Metall fragen, „warum die Agenda einen größeren Zuspruch in der Bevölkerung hat als die Kritik an ihr“. Allerdings hat Zwickel in der eigenen Organisation einen schweren Stand. Am vergangenen Montag beschäftigte sich der gut 40-köpfige Vorstand der IG Metall in einer mehrstündigen Diskussion mit der Agenda 2010 und insbesondere mit der Gesundheitsreform. Dabei waren sich die Obermetaller einig, dass eine zweite Protestrunde keinen Sinn mache, sondern vielmehr Kompromissmöglichkeiten mit der Bundesregierung ausgelotet werden sollten. Wie weit die Gewerkschaft dabei gehen sollte, war indes umstritten. Zwickel plädierte dafür, Zugeständnisse zu machen und auch bisherige Positionen zu räumen. Damit konnte er sich jedoch bei der Mehrheit des Gremiums nicht durchsetzen.

Mit Befremden wurde von Teilnehmern der Vorstandssitzung registriert, dass sich der zweite Vorsitzende der IG Metall und für die Zwickel-Nachfolge nominierte Jürgen Peters im Verlauf der rund vier Stunden nicht einmal zu Wort meldete. Peters gilt als Verfechter traditioneller Positionen, während sich Zwickel in seinen letzten Monaten im Amt um die Modernisierung der IG Metall bemüht. Unlängst plädierte Zwickel dafür, die Gewerkschaft „in der Mitte“ zu verorten. Andernfalls sei das Überleben gefährdet. „Als reine Arbeiterorganisation wird die IG Metall keine Zukunft haben“, sagte Zwickel auf einem Zukunftskongress seiner Gewerkschaft in Berlin. alf

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