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Der Windpark "Nordsee 1" steht vor der ostfriesischen Insel Spiekeroog in Niedersachsen.

© Ingo Wagner/dpa

Klima- und Energiepolitik in Europa: Energiewende ist dem Rechnungshof zu teuer

Luxemburger Prüfer halten viele Förderbeschlüsse für wenig zielführend – auch aus Deutschland.

Von Jakob Schlandt

Der Europäische Rechnungshof verteilt keine Schulnoten, aber täte er es, dann würde die Energie- und Klimapolitik der EU eine Vier minus erhalten, mehr wohl nicht. Die Prüfer aus Luxemburg schauen sich nicht nur die Einnahmen und Ausgaben der EU an, sondern überwachen regelmäßig auch die Wirksamkeit ihrer Politik. Und da gibt es beim Thema Energiewende viel zu bemängeln.

Das Gesamtziel ist eine Herkulesaufgabe. Die EU wird zwar ihr Ziel erreichen, die Emissionen zwischen 1990 und 2020 um mindestens 20 Prozent zu senken. Das war mit einer vergleichsweise niedrigen Einsparung, die bisher bei einem Prozent pro Jahr lag, zu erreichen. Im nächsten Jahrzehnt müssen es dann aber schon 1,5 Prozent sein – und von 2030 bis 2050 gar mindestens 3,3 Prozent pro Jahr. Eine enorme Steigerung, denn in der Regel steigen die Kosten mit jeder weiteren Reduzierung an – die einfachen Maßnahmen sind schließlich am günstigsten. Deshalb mahnt der Rechnungshof „erhebliche zusätzliche Anstrengungen“ an, die die EU erreichen müsse. Auf den Klimawandel müsse insgesamt deutlich konsequenter reagiert werden.

Einige Staaten behindern erneuerbare Energien aktiv

Kernaufgabe der Luxemburger ist es allerdings, ein Auge darauf zu werfen, ob die politischen Ziele auch effizient umgesetzt werden. Und da hapert es an einigen Stellen deutlich. Zum Beispiel beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Auf der einen Seite behindern viele Mitgliedsstaaten den Ausbau. In Polen zum Beispiel seien die Regeln für erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft zu lange verzögert worden. In anderen Ländern dagegen wurden die Subventionen nachträglich gekürzt, was Verunsicherung und Zurückhaltung bei den Investoren auslöste. Und auch beim Ausbau der europäischen Stromnetze haben sich die Mitgliedsländer nicht gut geschlagen. Von einem reibungslosen EU-Binnenmarkt kann nicht die Rede sein.

Auf der anderen Seite kritisiert der Rechnungshof, dass in vielen Fällen „die Kosteneffizienz nicht das Leitprinzip“ darstellte. Es hätte mehr Klimaschutz und regenerative Energie für weniger Geld geben können. Ein konkretes Beispiel aus Deutschland: Dort seien für die Wärmeerzeugung auch „ineffiziente“ und „bereits auf dem Markt etablierte Technologien“ finanziell unterstützt worden. Hierzulande gibt es schon lange einen Streit darüber, dass Förderprogramme zum Beispiel auch neue Ölheizungen unterstützen. Die sind zwar effizienter als alte Ölkessel, haben aber trotzdem einen hohen Kohlendioxid-Ausstoß.

Förderprogramme, die vor allem der Rendite nutzen

In Großbritannien wurden Verträge für den Ausbau erneuerbarer Energien und Ausschreibung vergeben zu Preisen, die viel zu hohe Renditen für die Betreiber ermöglichten. Auch vor Kostensteigerungen bei der Kernkraft warnten die Prüfer. Die Kosten für Strom aus neuen Atommeilern setzen sie deutlich über vielen erneuerbaren Energiequellen an – und damit in einem kaum noch konkurrenzfähigen Bereich.

Ein weiteres Beispiel für Verschwendung aus Deutschland: Die EU-Prüfer prangern an, dass die Subventionen für Unternehmen, die besonders viel Strom verbrauchen und deshalb weitgehend von der Ökostrom-Umlage ausgenommen sind, nicht darauf geprüft worden seien, ob sie tatsächlich nötig sind. Das Argument des Bundeswirtschaftsministeriums, dass hohe Stromkosten zu einer Verlagerung ins Ausland führten, sei nie richtig auf Stichhaltigkeit geprüft worden. Das hatte schon der Bundesrechnungshof bemängelt.

In Deutschland wird viel über die Rolle der Kohle diskutiert – und der Streit um Sinn oder Unsinn eines schnellen Kohleausstiegs dürfte sich nach der Wahl noch verschärfen, insbesondere wenn die Grünen für eine Regierungskoalition infrage kommen. Hier bezieht der Europäische Rechnungshof erstaunlich deutlich Position und rät vom Bau neuer Anlagen ab. Das ist auch eine klare Botschaft an Länder wie Polen, die an der Kohle noch lange festhalten wollen.

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