zum Hauptinhalt
Umweltfreundlich. Bahn-Chef Rüdiger Grube hofft, mit Ökostrom mehr Fahrgäste gewinnen zu können. Der Konzern lässt sich diese Maßnahme einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag im Jahr kosten. Die Preise sollen aber nicht steigen, versprechen die Manager des Unternehmens.

© picture alliance / dpa

Klimaschutz: Die Bahn schaltet auf Grün

Die Bahn soll zu einem Vorzeigebetrieb in Sachen Ökologie werden: Ab April fahren Züge im Fernverkehr fast nur noch mit Strom aus erneuerbaren Energien. Bahn-Chef Grube spricht von einem "Quantensprung".

Es kommt nicht oft vor, dass die Grünen Lob über der Deutschen Bahn ausschütten. Zu teure Tickets, Tempowahn, ein unsinniger Tiefbahnhof in Stuttgart – stets hadern die Grünen mit dem Staatsunternehmen. Jetzt dreht sich der Wind. „Wir sehen die Bahn auf einem guten Weg“, sagte dieser Tage die Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms, die sonst selten ein gutes Haar an der Bahn lässt. „Sie hat ein Lob verdient“, befand sie.

Dabei ist der Grund für den Kuschelkurs mit bloßem Auge nicht einmal zu sehen. Ab April soll in den Oberleitungen für den Fernverkehr fast nur noch grüner Strom fließen. Völlig klimaneutral, erzeugt per Wasserkraft und Windrad. „Ein Quantensprung“, lobt sich Bahn-Chef Rüdiger Grube. Seine Strategen wollen aus dem notorisch unbeliebten Zugbetreiber einen Vorzeigebetrieb in Sachen Ökologie machen. Nur so, finden sie, habe die mit Milliarden subventionierte Schiene überhaupt eine Daseinsberechtigung.

Alle Besitzer von Bahncards, Berufspendler und Firmenkunden bekommen nun ökologisch unbedenklichen Strom – völlig ohne Aufpreis. Drei Viertel aller Bahnfahrten im Fernverkehr finden demnach mit grünem Strom statt. Wer keine Bahncard besitzt, kann für einen Euro den Klimaschutz zukaufen. Bislang stammt im Strommix der Bahn fast die Hälfte der Energie aus klimafeindlicher Kohle, ein Fünftel aus Kernkraft. Erneuerbare Energien machten nur ein Viertel aus. Schon bald will die Bahn ICEs und ICs komplett mit grünem Strom versorgen.

Der Konzern lässt sich diese Maßnahme einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag im Jahr kosten. Die Preise sollen aber nicht steigen, beteuern die Manager. Um genügend erneuerbare Energie verfügbar zu haben, hat die Bahn mit mehreren Anbietern langfristige Lieferverträge geschlossen. Sie setzt vor allem auf Wasserkraft. Wind und Sonne sind unzuverlässig, und wegen Strommangels dahinschleichende Schnellzüge will die Bahn unter allen Umständen vermeiden. „Wir rechnen damit, auf diese Weise noch mehr Menschen vom Bahnfahren zu überzeugen“, sagt Manuel Rehkopf, im Fernverkehrs-Vorstand zuständig fürs Marketing. Die Auslastung der Züge, aktuell bei rund 50 Prozent, muss auf 51 Prozent steigen, dann rechnet es sich.

Die Bahn will ihr Internet- und Unterhaltungsangebot im Zug ausbauen.

Mit dem Schwenk in Richtung Umwelt erkennt die Bahn zugleich, dass allein Billigpreise nicht den Erfolg bringen. 29-Euro-Spartickets und der Fahrscheinverkauf via Lidl und McDonald’s lassen offenbar viele Menschen kalt. Ökologie soll es nun bringen: In den Zugrestaurants soll es mehr Bio-Gerichte geben, in den Zügen weniger Müll, und die Bahn überlegt, wie sie das Feinstaubproblem ihrer Diesel-ICEs in den Griff bekommt.

Für die Reklame eignet sich die Idee jedenfalls: Bis 2020 wollte die Bahn eigentlich 35 Prozent ihres Stroms aus grünen Quellen beziehen. Diesen Wert wird sie nun schon 2015 erreichen. Die Konkurrenten, das Auto und das Flugzeug, können allenfalls ein wenig effizienter werden – klimaneutral aber nicht. Im Nah- und Güterzugverkehr bleibt der Konzern indes schmutzig wie eh und je. Hier ist die Umstellung auf grünen Strom nicht in Sicht.

Der Fokus liegt ohnehin auf dem Fernverkehr. Das einstige Sorgenkind hat sich 2012 zur Ertragsperle entwickelt. Jetzt denkt die Bahn über weitere Gimmicks nach. „Wir wollen das Angebot in Sachen Internet und Unterhaltung im Zug ausbauen“, sagt ICE-Marketingvorstand Rehkopf. Ende 2014 sollen fast alle ICEs mit drahtlosem Internet ausgerüstet sein.

Das ist womöglich nur ein erster Schritt: Geprüft wird nach Tagesspiegel- Informationen auch ein neues Informations- und Unterhaltungsportal in den Zügen. Es soll nicht fest eingebaut sein wie im Flugzeug, sondern auf den Notebooks oder Tablets der Fahrgäste laufen. Auf einer personalisierten Seite soll sich jeder über Zuglauf, Verbindungen, Verspätungen und Umsteigemöglichkeiten informieren können. Wer aussteigen muss, bekommt rechtzeitig einen Hinweis. Die drahtlose Plattform, die von einem Server im Zug versorgt wird, hat auch Videospiele und Filme im Angebot. Aber auch Essensbestellung am Platz soll mit dem neuen System möglich sein. Wenn sich die Befürworter durchsetzen, läuft der Probebetrieb Ende 2014 an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false