zum Hauptinhalt

Klimaschutz: Ein neues Kapitel im Autostreit

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben sich auf flexiblere Klimaschutzregeln für Autohersteller geeinigt. Doch dieser deutsch-französische Kompromiss stößt beim VCD und bei den Grünen auf massive Kritik - und auch die Industrie jubelt nicht.

Berlin - Der Kompromiss im Autostreit zwischen Frankreich und Deutschland ist bei der EU-Kommission und deutschen Herstellern zurückhaltend aufgenommen worden. Scharfe Kritik kam vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), der am Dienstag von einer „Vollbremsung“ in Sachen Klimaschutz und einem „Verrat an der europäischen Klimapolitik“ sprach. Auch die Grünen kritisierten den am Montag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy verkündeten Kompromiss. Beide Länder hatten sich auf Grundzüge für die Beschränkung des Kohlendioxid-Ausstoßes für Neuwagenflotten verständigt. Demnach bleibt es zwar beim Ziel, den CO2-Ausstoß ab 2012 auf 120 Gramm pro Kilometer zu beschränken. Derzeit liegt er im Schnitt bei rund 160 Gramm. Verbindlich gelten sollen die Grenzwerte aber erst 2015, drei Jahre später als von der EU-Kommission geplant.

In Brüssel fiel die Reaktion verhalten aus: „Für uns ist es wichtig, dass die umweltpolitischen Ambitionen, die wir haben, eingehalten werden“, sagte die Sprecherin von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas, Barbara Helferich, dem Tagesspiegel. „Das ist der Maßstab, an dem wir diesen Kompromiss messen werden.“

Noch nicht festgelegt ist in dem deutsch-französischen Vorschlag unter anderem die genaue Höhe der Strafzahlungen, die Autobauer zu erwarten haben, wenn sie mit ihren Neuwagen die CO2-Grenzwerte überschreiten. Die Kommission hatte bei den Strafzahlungen eine maximale Höhe von 95 Euro vorgeschlagen. Der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz plädiert für Strafzahlungen von maximal 45 Euro für jedes Gramm, das über dem Grenzwert liegt. Strafzahlungen müssten die Autobauer teurer zu stehen kommen als Innovationen zugunsten des Klimaschutzes, sagte er dem Tagesspiegel. Im Europaparlament wird noch 2008 ein Beschluss zur Senkung des CO2-Ausstoßes bei Neuwagen in sämtlichen 27 EU-Staaten angestrebt. Der deutsch-französische Kompromiss habe auch eine „Signalwirkung“ für die übrigen EU-Staaten, sagte Florenz.

Zu einer völlig anderen Einschätzung kam der VCD: „Wir hoffen jetzt auf den energischen Widerstand aller EU-Staaten, denen echter Klimaschutz wichtiger ist als kurzfristige Industriepolitik zugunsten rückständiger Autohersteller“, sagte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, kritisierte, die Kanzlerin sei voll auf die Vorschläge der Autokonzerne eingegangen.

Autohersteller begrüßten die Einigung im Prinzip: „Der Vorschlag ist kein Grund zum Jubeln“, sagte ein BMW-Sprecher. „Aber er weist einen gangbaren Weg.“ Die schrittweise Einbeziehung der Fahrzeugflotten in die CO2-Vorschriften ab 2012 trage der „Realität der Produktzyklen“ Rechnung. Auch die Anrechnung sogenannter Öko-Innovationen auf den CO2-Grenzwert sei zu begrüßen. Ähnlich äußerte sich VW. Insgesamt blieben die Klimaziele der EU aber für die deutschen Hersteller „eine große Herausforderung“, hieß es bei BMW. „Es geht nicht um ein Kinderspiel, sondern um große Investitionen.“ Die Kosten müssten auch die Kunden mittragen. „CO2-Reduktion gibt es nicht umsonst.“ Rund 1300 Euro pro Auto kostet nach Angaben der EU-Kommission die Reduktion des CO2-Ausstoßes um 30 Gramm.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false