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Klimaserie, Teil 5: Erneuerbare Energien: Die sauberste Lösung

Strom nur noch mit Wind, Sonne und Pflanzen zu erzeugen - das wäre die Lösung. Die technik mach Fortschritte, aber es gibt immer wieder Rückschläge. Was kostet der Klimaschutz

Zählt die Wärmepumpe dazu oder nicht? Auf der einen Seite zapft so eine Anlage die praktisch endlos verfügbare Wärme aus der Erdkruste an, um das Wohnzimmer zu heizen. Für den Rentner Claus-Jürgen Schade aus Berlin-Frohnau bedeutet das konkret, dass er seine Heizkosten um zwei Drittel senken und den Tank, den er jedes Jahr mit 3000 Litern Heizöl füllen musste, abklemmen kann. Das schont das Klima. Strom liefert die Wärmepumpe aber nicht. So taucht das Gerät auch in kaum einer Statistik über erneuerbare Energien auf, die der Staat doch fördern will.

Auch die Behörden tun sich mit der Zuordnung schwer. So wunderte sich der 75-jährige Schade, als er an einem Tag im Oktober gleich zwei Bescheide vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) im Briefkasten fand: In dem einen lehnte die Behörde seinen Antrag auf Förderung ab, im anderen stimmte sie zu. Schade wartete ab. 19 000 Euro hatte er in zwei 80-Meter-Bohrungen im Garten und die dazugehörige Anlage investiert. Auf einem Formular stand, dass das Bafa zehn Prozent der Kosten übernehmen würde, maximal 3000 Euro. Am Ende überwies das Bafa kommentarlos 4500 Euro. Warum, weiß Schade nicht. Jetzt denkt er darüber nach, sich auch eine Photovoltaikanlage fürs Hausdach zu gönnen. Für den Strom, die die produzieren würde, erhielten Schade und seine Erben die nächsten 20 Jahre Geld, staatlich garantiert.

Sonne ist gut. Zumindest in der politischen Energiedebatte verlaufen die Fronten klar: Kraftwerke, die fossile Rohstoffe verfeuern, gelten als Klimakiller. Anlagen, die unendlich verfügbare Ressourcen nutzen, gelten als grün, sauber und förderungswürdig. Das ist politisch korrekt, ökonomisch und ökologisch aber macht diese Trennung immer weniger Sinn: Wasserkraft gilt als erneuerbar, aber mit fast jedem Staudammbau werden Dörfer versenkt und Ökosysteme zerstört. Müll zu verfeuern, um Strom zu erzeugen, dagegen gilt als schmutzig, obwohl man damit auch wertvolle Ressourcen schont. Photovoltaik ist zwar zweifelsfrei eine Technik der erneuerbaren Energien, doch auch hier kostet die Herstellung der meisten Solarmodule Rohstoffe und viel Energie.

Mit entsprechender Vorsicht sollte man also Statistiken über den Ausbau der erneuerbaren Energien genießen. Manche Institute zählen die Wasserkraft dazu, andere Müll. Deutschlands viertgrößter Stromkonzern EnBW wirbt zum Beispiel – völlig legal – damit, dass 21 Prozent seines verkauften Stroms aus erneuerbaren Quellen stammt. Das ist sehr viel. Auf Nachfrage erfährt man aber, dass ein großer Teil davon an der Strombörse zugekauft ist. Bei dem von EnBW selbst produzierten Strom beträgt der Anteil nur 13 Prozent und stammt zudem fast ausschließlich aus den Turbinen alter Wasserkraftwerke. EnBW gibt auch an, bei der Produktion jeder Kilowattstunde nur halb so viel CO2 auszustoßen wie der Durchschnitt aller Erzeuger. Das geht nur, weil EnBW-Strom fast zur Hälfte aus Kernkraftwerken stammt.

Trotz aller Definitionsprobleme hat sich die Energiebranche darauf geeinigt, dass in Deutschland 2008 rund 15 Prozent des Stroms und mehr als sieben Prozent des Wärmeverbrauchs aus erneuerbaren Quellen stammten. Auch die Bundesregierung nimmt diese Angabe als Basis ihrer Förderpolitik: Bis 2020 soll der Anteil auf 20 Prozent wachsen. Um das zu erreichen, erhält jeder Konzern und jeder Privatmann, der Strom aus erneuerbaren Quellen in das Netz einspeist, eine Einspeisevergütung.

Finanziert wird das über eine Umlage auf den Strompreis. Die Abgabe steigt, je mehr Windräder und Solarmodule aufgestellt werden. Somit zahlen alle Stromkunden für die Erneuerbaren – ob sie wollen oder nicht. Vattenfall Europe rechtfertigte erst am Mittwoch dieser Woche seine Preiserhöhung für 1,6 Millionen Berliner Kunden um 5,9 Prozent mit den höheren Einspeisekosten für Erneuerbare. „Wir geben die Kosten des Klimaschutzes weiter“, sagte Berlins Vattenfall-Bevollmächtigter Werner Süss.

Was also kostet das Klima? 25 Euro? So viel muss ein durchschnittlicher Berliner Zwei-Personen-Haushalt, der Strom von Vattenfall bezieht, künftig mehr zahlen im Jahr. Wenn’s so einfach wär. Fest steht nur: Grüne Technologien tragen einen Teil zum Klimaschutz bei. Und Unternehmen, die damit zu tun haben, geben allein in Deutschland rund 270 000 Menschen Arbeit. Auch das spielt eine Rolle.

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