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Wirtschaft: Klimazölle bringen nichts

Ökonomen bezweifeln Verbesserung der weltweiten CO2-Bilanz.

Berlin - Der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy hat 2008 Klimazölle in die Diskussion gebracht, um die europäische Wirtschaft vor Konkurrenz aus Ländern mit einer schwachen Klimapolitik zu schützen. Seither ist das Instrument immer wieder als Drohung in Richtung USA, aber auch China genutzt worden. Der US-Wirtschaftsprofessor Joseph Stiglitz beispielsweise findet, es sei eine gute Idee, die USA mit solchen Klimazöllen unter Druck zu setzen. In den USA wiederum werden sie eher als Druckmittel gegen die Konkurrenz aus China gesehen. Doch bringen solche Zölle überhaupt einen Nutzen für das Klima? Zwei Ökonomen der TU Berlin und des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung bezweifeln das.

Michael Jakob hat gemeinsam mit Robert Marschinski untersucht, ob die einfache Rechnung, dass eine entwickelte Volkswirtschaft mit den importierten Waren aus weniger entwickelten Volkswirtschaften auch deutlich mehr Kohlendioxid-Emissionen einführt, tatsächlich stimmt. In ihrem Aufsatz, der in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ nun erschienen ist, weisen sie nach, dass diese negative Klimarechnung im Handel zwischen den USA und China beispielsweise vor allem durch das „chronische Handelsdefizit“ der USA zustande kommt. Etwa 50 Prozent der durch importierte Waren erzeugten Emissionen sind ihrer Einschätzung nach darauf zurückzuführen. „Die Spezialisierung Chinas auf kohlenstoffintensive Exporte, die im Zusammenhang mit der Verlagerung energieintensiver Industriezweige verstanden werden kann, erklärt dagegen lediglich 20 Prozent der Emissionen“, sagte Jakob dem Tagesspiegel.

Michael Jakob hält es für einen Kurzschluss, anzunehmen, dass die Summe der Emissionen, die für die Produktion eines Exporthandelsguts aufgewendet werden, sich einsparen ließen, wenn es nicht gehandelt würde. Es könnte in diesem Fall statt exportiert zu werden im Heimmarkt des Erzeugerlandes verkauft werden, argumentiert Jakob. Volkswirtschaften wie beispielsweise die deutsche, die eine Vielzahl von stark emissionshaltigen Gütern exportiert wie Autos oder Maschinen, importiert im Gegenzug aus China Güter mit einer geringeren „Emissionstiefe“ wie Textilien oder Kinderspielzeug. Würde die Europäische Union also einen Klimazoll erlassen, um die in diesen Produkten enthaltenen CO2-Emissionen zu verteuern, würde der Handel wahrscheinlich beiderseits eingeschränkt. Doch wenn China dann beginnen würde, die beispielsweise aus Deutschland importierten Produkte selbst herzustellen, würden diese Erzeugnisse in einer Volkswirtschaft mit einem weitaus emissionsträchtigeren Energieversorgungssystem weniger effizient erzeugt. Das Ergebnis wären höhere Emissionen in China.

Jakob hält die Zölle aber auch politisch für fragwürdig. „Das ist kein kooperativer Politikstil, weil er in der Regel entsprechende Gegenzölle nach sich zieht“, sagte er. Was gebraucht werde, sei mehr Kooperation, um alle Volkswirtschaften der Welt weniger klimaschädlich zu machen, sagte Jakob. Dagmar Dehmer

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