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Wirtschaft: Koalition wirft Kassen Panikmache vor

Beiträge von 15 Prozent sind „Horrorszenario“ / Kritik am Gesundheits-Sparpaket

Berlin (ce). SPD und Grüne haben Vertretern der Krankenkassen vorgeworfen, die laufende Spardiskussion zu nutzen, um die Bundesregierung allein für drohende Beitragserhöhungen verantwortlich zu machen. Mit ihren Prognosen würden einzelne Kassen ein „übertriebenes Horrorszenario“ aufbauen, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Thea Dückert, dem Tagesspiegel. Sie warf den Kassen vor, „auf dieser Welle in einer schwierigen Situation“ mitzuschwimmen. Der Vorsitzende des AOKBundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens, hatte Anfang der Woche davor gewarnt, der durchschnittliche Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung könne im nächsten Jahr „die Schallmauer von 15 Prozent durchbrechen“. Derzeit liegt der Satz bei 14 Prozent.

„Das war ein Warnschuss“, rechtfertigt ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes die Worte seines Vorsitzenden. In anderen Krankenkassen argwöhnt man, mit den „aufgeregten“ Prognosen werde Politik gemacht. Damit wollten die Kollegen der anderen Kassen „das Feld bereiten für Beitragserhöhungen“ – und die Schuld dafür allein der Politik zuschieben. In der SPD-Fraktion vergleicht ein Politiker die AOK-Prognosen ironisch mit dem Ritual von Tarifverhandlungen: „Da wird erst einmal mehr gefordert als nachher tatsächlich herauskommt.“

Unbestritten ist bei allen Beteiligten, dass die gesetzliche Krankenversicherung ein Finanzproblem hat. Die grüne Sozialexpertin Dückert räumte ein, der Druck sei angesichts der Arbeitslosenzahlen sehr hoch. Zum Jahresende droht der GKV nach Berechnungen des Sozialministeriums ein Defizit von mindestens 1,5 Milliarden Euro. Experten rechnen zum Jahreswechsel mit einem Anstieg der durchschnittlichen GKV-Beiträge auf 14,4 bis 14,5 Prozent.

Die Krankenkassen wehren sich gegen zusätzliche Belastungen durch das Sparpaket der Bundesregierung. Danach sollen die Krankenkassenbeiträge für Arbeitslosenhilfeempfänger reduziert werden – was die Kassen mit rund 700 Millionen Euro belasten würde. Rund 300 Millionen Euro kommen durch die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes in Dentallabors hinzu. „Weitere Belastungen kann die GKV nicht verkraften“, sagt der Sprecher des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen, Florian Lanz. „Die Finanzlöcher werden dann noch größer“, kritisiert auch die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer. Die Bundesregierung belaste sich damit zusätzlich und gefährde den Erfolg des geplanten Vorschaltgesetzes, sagte sie dem Tagesspiegel. Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) will Pharmaindustrie, Apotheken, Ärzte und Krankenkassen im kommenden Jahr mit etwa 1,5 bis 3 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Kassenbeiträge heranziehen.

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