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Jetzt geht’s. Wer vom Headhunter ungünstig erwischt wird, muss ihn höflich vertrösten – und schnell zurückrufen. Foto: Fotolia

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Wirtschaft: Können Sie sprechen?

Ein Anruf vom Headhunter ist mit etwas Glück der nächste Schritt auf der Karriereleiter. Doch der Umgang mit den „Kopfjägern“ will gelernt sein.

Der Jäger erreicht Frank Wilton ausgerechnet in der Mittagspause in der Firmenkantine. Die Kollegen sitzen mit am Tisch, sogar der Abteilungsleiter ist dieses Mal dabei. Dann klingelt das Handy, ein Headhunter ist am Telefon. „An freies Sprechen war nicht zu denken“, sagt Wilton als er sich zurückerinnert. Der Controller versucht seine Überraschung zu verbergen, vertröstet den Anrufer freundlich, aber bestimmt auf einen späteren Zeitpunkt.

Wenn sie in der Leitung sind, könnte ein Traum in Erfüllung gehen: Headhunter sind der Türöffner zu vielen Jobs im Top-Management. Meist geht es um mehr Geld, mehr Verantwortung und bessere Arbeitsbedingungen. Sie sind auf der Jagd nach den besten Köpfen. Branchenschätzungen zufolge gibt es rund 5000 Personalberater in Deutschland. Mehr als 50 000 Jobs wurden im vergangenen Jahr über Headhunter vermittelt. Wann und bei wem sie sich melden, bleibt ihr Berufsgeheimnis.

Wie bei Controller Wilton kommt ihre Anfrage überraschend, ganz unvorhergesehen und sorgt für einigen Wirbel. Der 35-Jährige hat mit dem Headhunter vereinbart, nach Dienstschluss zu telefonieren. Bis es soweit ist, lässt ihn der Anruf nicht los. Seit fünf Jahren arbeitet Wilton in einem mittelständischen Unternehmen. An einen Jobwechsel hat er immer wieder gedacht. Deshalb will er seinen richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Bewerbungen hat er allerdings noch keine geschrieben. „Natürlich habe ich mich geschmeichelt gefühlt“, sagt Wilton. Gleichzeitig fragte er sich aber: „Warum ist der ausgerechnet auf mich gekommen?“

Eine Frage, die man dem Headhunter nie stellen sollte. Denn Zweifel am eigenen Können sind Gift für die erfolgreiche Vermittlung von Kandidaten an die exklusive Firmenkundschaft, die auf der Suche nach Fach- und Führungskräften ist. „Der Headhunter erstellt in enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber ein Profil, das den Anforderungen entspricht“, sagt Hans Keil, Gründer der bundesweit tätigen Personalberatung Executive Consulting Group. „Dann werden mögliche Kandidaten am Markt identifiziert und kontaktiert.“ Meist spricht man im ersten Durchlauf mehrere dutzend potenzielle Bewerber an. Wer an einem Jobwechsel interessiert ist, muss sich in einem Telefoninterview bewähren, dann folgt ein persönliches Gespräch. Passen die beruflichen Voraussetzungen, persönlichen Eigenschaften und Ziele mit dem Job überein, übergibt der Headhunter die Unterlagen an seinen Auftraggeber.

Kurz vor dem vereinbarten Telefontermin mit dem Personalprofi wird Frank Wilton immer nervöser. Welchen Job will er mir anbieten? Wie soll ich mich verhalten? Am besten gelassen und souverän bleiben, raten Karrierecoaches und Personalberater. Beim ersten Kontakt wird erst einmal abgesteckt, wen der Headhunter sucht. In manchen Fällen bietet er gar keinen Job an, sondern will viel mehr Informationen zur Firma oder zu Kollegen einholen. Enttäuscht sein sollte man deshalb nicht. Auch dieser Kontakt kann sich für spätere Jobwechsler lohnen.

In den allermeisten Fällen handelt es sich aber um ein Stellenangebot. Wichtig ist, dass der Kandidat von Anfang an Interesse an einem potenziellen Führungsjob zeigt. Fragen zur Position, zum Stellenprofil sind erwünscht. Mit der eigenen Leistung zu prahlen, nur über sich selbst zu sprechen oder über Stress wegen eines vollen Terminplans zu klagen, kommt unter den Fachkräftejägern allerdings nicht gut an. Headhunter haben mehrere Kandidaten für eine Position in der engeren Auswahl. Wer unangenehm auffällt, fliegt schnell raus.

Nachwuchskräften fällt es manchmal schwer, den passenden Ton zu finden. Und doch wissen Bewerber oft intuitiv, welche Vermarktung richtig ist und was die Aufmerksamkeit des Headhunters erregt. „Ein solches Gespräch erobert ja erst einmal keinen Job“, nimmt Karrierecoach Jürgen Hesse Bewerbern ein wenig die Aufregung. „Einen Job erobert man selbst.“

Verpönt sind Fragen nach dem Namen der Firma. Headhunter verpflichten sich gegenüber ihren Auftraggebern zur Verschwiegenheit. Gegenseitiges Vertrauen ist ihre stärkste Währung. Die Neugier der Kandidaten ist verständlich, aber gehört nicht in die erste Recruiting-Phase. Fragen zum Gehalt fallen in eine ähnliche Kategorie. Es sei denn, der Bewerber wird direkt nach seinen Vorstellungen gefragt. Größter Fauxpas: Lästern über den aktuellen Chef. „Seine Bereitschaft für einen beruflichen Wechsel sollte der Kandidat schlüssig begründen können“, sagt Headhunter Keil. „Hierbei ist es eine Todsünde, sich über seinen derzeitigen Arbeitgeber negativ auszulassen.“

Controller Wilton hat das erste Telefoninterview gut überstanden. Nun heißt es warten. Der Headhunter hat weitere Gespräche angekündigt. Bis es schließlich zu einer Entscheidung kommt, können Wochen oder sogar Monate vergehen. Am Ende entscheiden Details: Die Vorstellungen beim Gehalt gehen auseinander oder der Arbeitsort gibt Grund zum Nörgeln. Die Firmen lassen sich nicht überrumpeln. Wilton will in aller Ruhe über einen Jobwechsel nachdenken. Den Anruf vom Headhunter sieht er als gute Übung, sich über die eigenen Talente und den nächsten Schritt auf der Karriereleiter klar zu werden. Tanja Tricarico

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