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Müller

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Kommissionschef Klaus-Peter Müller: "Künftig soll es weniger Ausreden geben, Frauen nicht zu nominieren"

Klaus-Peter Müller, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Commerzbank und der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, darüber, wie deutsche Aufsichtsräte weiblicher werden sollen.

Welche Nachteile entstehen deutschen Unternehmen, wenn sie es nicht schaffen, mehr Frauen in die Aufsichtsräte zu bekommen?

Die Aufsichtsrats-Tätigkeit ist in den letzten Jahren immer intensiver und anspruchsvoller geworden, daher wäre es sträflich, wenn wir nicht alle Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, in Zukunft nutzen würden, das wäre schlechte Corporate Governance. Hiervon abgesehen brauchen wir Persönlichkeiten in unseren Aufsichtsräten, die einen anderen Blick einbringen, Dinge anders betrachten können, die andere soziale Kompetenzen mitbringen als Männer. Und zwar ohne, dass hierbei auf Qualität und Qualifikation verzichtet werden muss.

Warum ist es bisher nicht gelungen, mehr Frauen in die Gremien zu bringen?

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einer ist mit Sicherheit – und dies gilt für das gesamte Thema Frauen im Beruf –, dass wir mindestens 20 bis 30 Jahre zu spät angefangen haben für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Lösungen zu finden. Noch heute ist es so, dass wir über nicht ausreichende Kapazitäten für Ganztagesbetreuung von Kindern verfügen. Dies ist einerseits Aufgabe der öffentlichen Hand, aber auch die Unternehmen müssen sich noch stärker dieses Themas annehmen.

Darüber hinaus ist es Fakt, dass heute noch viel zu wenig transparent ist, wo die passenden Kandidatinnen sind. In den Nominierungsausschüssen deutscher Unternehmen, die Vorschläge für die Besetzung von Aufsichtsräten unterbreiten sollen, werden regelmäßig zu wenige Namen von qualifizierten Frauen genannt. Das muss sich ändern. Und wie in Norwegen wollen wir mit unserem Aufruf zu anspruchsvollen Ausbildungsmaßnahmen dazu beitragen, dass es künftig weniger Ausreden gibt, Frauen mit Gravitas nicht zu nominieren, weil es angeblich doch keine entsprechend qualifizierten Managerinnen gibt, die für eine Aufsichtratsmandat in Frage kämen.

Warum lehnt Ihre Kommission eine Quotenregelung, wie es Sie in anderen Ländern bereits gibt, ab?

Wir wollen in die gleiche Richtung wie Norwegen. Aber wir wollen unseren eigenen Weg gehen. Wir diskutieren, die bisherige Empfehlung für mehr Vielfalt so zu konkretisieren, dass jeder Aufsichtsrat künftig seine Planung für eine den Gegebenheiten des Unternehmens angemessene Vertretung von Frauen und im Übrigen auch ausländischen Experten im Aufsichtsrat darlegt. Über diese Planungen, verbunden mit einem Zeitplan, und deren Umsetzung soll dann in den jährlichen Entsprechenserklärungen berichtet werden. Mit einer solchen Regel kann jedes Unternehmen nach seinen eigenen Begebenheiten und Bedürfnissen planen. Es würde nichts über einen Kamm geschert, wie das in anderen Ländern heute schon passiert oder geplant ist. Aber es würde verbindlich transparent gemacht, dass sich etwas ändert. Dass dies kein leichter Weg wird ist klar, aber wir können es uns nicht erlauben, in alten Denkmustern zu verharren. Wir müssen uns weiterentwickeln, das zeichnet gute Corporate Governance aus.

Müsste die Politik mehr tun, um mehr Frauen in Aufsichtsräte oder Vorstände zu bringen?

Es ist nicht nur eine Frage der Politik, sondern ein Thema, das uns alle angeht. Und die derzeitige Diskussion zeigt, dass sich alle Stakeholder des Themas intensiv annehmen. Mit Blick auf die Politik ist wichtig, dass wir immer wieder die Rahmenbedingungen überprüfen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Wie finden Sie persönlich den Vorstoß der Telekom – ambitioniert, wegweisend oder falsch?

Einzelfälle kommentiert die Regierungskommission nicht. Zumal das Thema Deutsche Telekom nicht in den Aufgabenbereich der Regierungskommission fällt, da es sich hier nicht um eine Regelung handelt, die den Aufsichtsrat bzw. den Vorstand betrifft.

Die Fragen stellte Corinna Visser

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