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Kommunen: Weniger Altlasten als im Westen

Städte und Gemeinden in Ostdeutschland verzeichnen eine vergleichsweise geringe Verschuldung. Die Bewährungsprobe steht noch aus, glauben Experten

Kommunen in Ostdeutschland sind besser im Sparen als die Städte und Gemeinden im Westen – diesen Eindruck vermittelt zumindest das Ergebnis der aktuellen Ernst & Young Kommunenstudie. Die Prüfungs- und Beratungsorganisation hat 300 deutsche Gemeinden und Städte mit mindesten 20000 Einwohnern zu ihrer Verschuldungssituation befragt. Besonders schlecht schnitten dabei das Saarland und Hessen ab. Wälzt man die Schulden der Kommunen auf die dortigen Einwohner ab, trägt jeder von ihnen eine Last von rund 3000 Euro.

Im Vergleich dazu ist die Pro-Kopf-Verschuldung in den meisten Kommunen in Ostdeutschland gering. In Brandenburg etwa liegt sie bei 868 Euro, in den übrigen Bundesländern zwischen 1000 und 1400 Euro. Damit ist die kommunale Schuldenlast für den Bürger in den neuen Bundesländern weniger als halb so hoch wie bei den Spitzenreitern Saarland, Hessen und Rheinland-Pfalz. Zudem verzeichnete laut Studie im vergangenen Jahr nur jede dritte Kommune in Ostdeutschland einen Schuldenanstieg. In Westdeutschland war es jede zweite.

Westdeutsche Kommunen haben mehr Altlasten

Sind die ostdeutschen Kämmerer also tatsächlich besser im Haushaltsmanagement? Ganz so einfach sei das nicht, sagte Hans-Peter Busson von Ernst & Young am Mittwoch bei der Präsentation der Ergebnisse. „Die Ostdeutschen hatten einfach eine bessere Ausgangslage.“ Sie seien vor 25 Jahren mit einem Schuldenstand von quasi Null gestartet, während sich Kommunen im Westen schon Jahrzehnte zuvor verschulden konnten. „Ihnen fehlen schlicht die Altlasten der westdeutschen Kommunen“, sagt Busson.

Zudem profitieren die Gemeinden und Städte im Osten noch heute von den Fördermitteln, die seit der Wiedervereinigung in die Infrastruktur geflossen sind. Allerdings liegt auch gerade darin eine Gefahr. „Die Bewährungsprobe steht den ostdeutschen Kommunen noch bevor“, glaubt Busson. Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Kommunen ihren vergleichsweise niedrigen Schuldenstand halten können, wenn die Unterstützung aus dem Solidarpakt in den kommenden Jahren wegfällt.

Gebühren und Steuern steigen

Ein Grund zur Sorge sei auch, dass die neuen Bundesländer stärker mit einer älter werdenden Gesellschaft und sinkenden Bevölkerungszahlen zu kämpfen haben. In die Kassen der Kommunen fließt damit zukünftig immer weniger Geld aus Steuereinnahmen. Gleichzeitig müssen sie die Infrastruktur aufrecht erhalten, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. Um die Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen zu verringern, bitten die Kommunen deutschlandweit bevorzugt ihre Einwohner zur Kasse. Laut der Studie wollen drei Viertel der befragten Gemeinden und Städte in den kommenden zwei Jahren irgendwelche Steuern und Gebühren erhöhen. So sollen die Friedhofsgebühren bei 27Prozent der Kommunen steigen, die Gebühren für Kindertagesstätten und Ganztagsschulen wollen laut Studie 25 Prozent der befragten Städte und Gemeinden erhöhen. Ein Drittel plant, Leistungen zu reduzieren, etwa in der Jugendbetreuung und im Bereich der Kultur. „Die Gebührenschraube wird immer weiter angezogen“, sagt Busson, „dieser Trend hält schon seit Jahren an, ein Ende ist nicht abzusehen.“

Trotz Einsparungen und Steuererhöhungen scheinen viele Kämmerer mit der Verschuldungssituation überfordert zu sein. Der Studie zufolge glauben nur noch zwei von drei Kommunen, ihre Schulden überhaupt noch aus eigener Kraft tilgen können. 21 Prozent der befragten Städte und Gemeinden sind bereits unter einen sogenannten kommunalen Rettungsschirm geschlüpft und erhalten finanzielle Unterstützung von ihrem Bundesland.

Lisa Kolde

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