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Wirtschaft: Konferenz der europäischen Verkehrsminister in Berlin

"Eine Vernetzung ist dringend erforderlich" / Gespräch mit Verkehrsminister Wissmann An diesem Montag und Dienstag findet in Berlin die 81.Konferenz der Europäischen Verkehrsminister statt.

"Eine Vernetzung ist dringend erforderlich" / Gespräch mit Verkehrsminister Wissmann An diesem Montag und Dienstag findet in Berlin die 81.Konferenz der Europäischen Verkehrsminister statt.Schwerpunktthema des Treffens, an dem Vertreter aus mehr als 30 Staaten teilnehmen, ist die Verbesserung der Ost-West-Verbindungen für den Gütertransport und die Bekämpfung der Kriminalität. Margarita Chiari befragte dazu Verkehrsminister Matthias Wissmann, der auch Vorsitzender der Konferenz ist. TAGESSPIEGEL: Herr Minister, der Ausbau der Autobahn A 12 Berlin-Frankfurt (Oder) ist nun, entgegen den Planungen, weit über die Jahrtausenwende hinaus verzögert worden.Wie ernst ist es Ihnen mit dem Ausbau der Ost-West-Verbindungen? WISSMANN: Die grundhafte Erneuerung der A 12 mit Anbau eines Standstreifens soll abschnittweise durchgeführt werden.Um die Befahrbarkeit sicherzustellen und aufgrund der Schwierigkeit, kurzfristig Baurecht für die Verbreiterung der Autobahn zu erhalten, mußte bisher zum großen Teil eine Asphaltüberbauung als Zwischenlösung für eine Nutzungsdauer von 5 bis 10 Jahren vorgezogen werden.Von den rund 120 km Richtungsfahrbahnen sind bis heute ca.65 km fertiggestellt, zum Teil grundhaft erneuert, zum Teil zwischenausgebaut.Weitere 35 km werden voraussichtlich im Laufe des Jahres 1998 fertiggestellt.Eine weitere Beschleunigung ist aus technischen Gründen nicht möglich.Die Bedeutung, die der Bund dem Ausbau dieser Verbindung zumißt, können Sie an der Fertigstellung der vierstreifigen Oderbrücke noch in diesem Jahr sehen.Bis Ende 1998 wird der Bund rund 250 Mill.DM in die A 12 investiert haben. TAGESSPIEGEL: Das Chaos auf den Straßen von und nach Polen oder Tschechien ist schon jetzt Realität.Ist die Hoffnung, daß vieles wieder auf die Schiene verlagert wird, nicht eine Illusion? WISSMANN: Unser erklärtes Ziel ist und bleibt, den Anteil der umweltfreundlicheren Verkehrsträger am Transportaufkommen deutlich zu steigern.Und wenn ich mir anschaue, was sich in den letzten Jahren auf den Güterverkehrsmärkten alles bewegt hat, dann kann hier von einer Illusion keine Rede sein.Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit der Schiene wurden durch die Bahnreform deutlich erhöht, und bei den Verkehrswegeinvestitionen hat die Schiene oberste Priorität.Vor diesem Hintergrund begrüße ich ausdrücklich den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Einrichtung transeuropäischer "Güter-Freeways".Die Wettbewerbsstellung der Bahn erhält so auch im grenzüberschreitenden Verkehr eine neue Qualität.Im übrigen sind mit Polen und Tschechien zwei bilaterale Abkommen in Vorbereitung, um die Abwicklung des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs zu erleichtern. TAGESSPIEGEL: Können Sie sich Zwangsmaßnahmen für die Verlagerung auf die Schiene vorstellen? WISSMANN: Dirigistische Eingriffe zu Lasten eines bestimmten Verkehrsträgers lehne ich ab.Effiziente Transportabläufe und eine optimale Ausnutzung der jedem Verkehrsträger eigenen, teilweise systemspezifischen Potentiale sind in Europa nur im Wettbewerb der Transportunternehmen zu gewährleisten.Klar ist: kein Verkehrsträger wird die Verkehrsprobleme der Zukunft allein lösen können.Eine sinnvolle Vernetzung ist daher unbedingt erforderlich. TAGESSPIEGEL: Chaos herrscht auch an der Grenze.Wie wollen Sie die Situation hier entspannen? WISSMANN: Die Straßen- und Brückenbaumaßnahmen an den Autobahnverbindungen und die Errichtung leistungsfähiger Gemeinschaftszollanlagen haben schon zu einer Verbesserung der Situation beigetragen.Im Vergleich zur Lage noch vor zwei Jahren haben wir insgesamt gesehen - trotz weiter steigenden Verkehrsaufkommens - wesentlich kürzere Abfertigungszeiten.Dennoch ist die Situation an der Grenze vielfach noch völlig unbefriedigend.Unser Ziel ist daher neben dem Ausbau der bestehenden Infrastruktur der Bau zusätzlicher Übergänge.Darüber werde ich mit meinem polnischen Kollegen am Rande der Verkehrsministerkonferenz sprechen. TAGESSPIEGEL: Haben Sie den Eindruck, daß Ihre Kollegen in Polen oder Tschechien das Problem ernst nehmen? WISSMANN: Die Verbesserung der Situation an den Grenzübergängen ist ein gemeinsames Anliegen Deutschlands und Polens.Sieben der 18 Grenzübergänge sind seit 1992 eröffnet worden.An praktisch allen Fernstraßen, die zu Grenzübergängen führen, und an den Grenzbrücken wurden Baumaßnahmen durchgeführt oder sind in Vorbereitung.Auch bei der Erlangung von EU-Fördermitteln hat der Bund die polnische Seite unterstützt.Daß sich die Situation trotz der Anstrengungen teilweise kaum entschärft hat, liegt vor allem an dem immensen Zuwachs des Güterverkehrs. TAGESSPIEGEL: Mitte 1998 wird der Verkehrsmarkt innerhalb der EU vollständig liberalisiert.Die deutschen Spediteure fürchten einen gnadenlosen Wettbewerb durch Billigkonkurrenten.Was wollen Sie tun? WISSMANN: Die bisher in der EU gemachten Erfahrungen sprechen dagegen, daß die völlige Freigabe der Kabotage 1998 zu einer Überflutung des deutschen Marktes mit ausländischen Betreibern führen wird.Das Bundesamt für Güterverkehr hat festgestellt, daß in Deutschland, bezogen auf den Gesamtverkehr, der Kabotageanteil nur Bruchteile von 1 Prozent beträgt.Diesen kaum meßbaren Auswirkungen stehen die Chancen gegenüber, die deutsche Unternehmer inanderen EU-Staaten ergreifen können.Ein gnadenloser Wettbewerb ist nicht zu befürchten.Eine Liberalisierung des Güterverkehrs mit Staaten außerhalb der EU gibt es nicht.

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